Das Gold von Maraskan - Darpatien
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Im Auftrage des Komturs Rayo zu Tuzak<br />
Andromejia las das Schreiben, das ihr Andorkan ausgehändigt hatte, noch einmal. Ein kurzer Text. Mit wenigen<br />
Worten war ihr ein Freibrief ausgestellt worden, in der Komturei Tuzak alles zu tun und zu lassen, was sie beliebte.<br />
Und auch in den anderen Komtureien würde ihr dieses Schreiben Tür und Tor öffnen. Der Brief mit dem Siegel<br />
Rayos verlieh ihr eine ungeahnte Machtfülle. Niemand würde ihr irgendwelche Fragen stellen. Immerhin war Rayo<br />
neben Komturin Nedimajida <strong>von</strong> Boran wohl der mächtigste Kopf im Reich. Zugleich schauderte ihr. Ein solches<br />
Schreiben zu erhalten bedeutete nicht nur eine große Auszeichnung und Ehre für sie. Es bedeutete aber auch eine<br />
hohe Verantwortung. Und es bedeutete, dass sie unter keinen Umständen versagen durfte. Komtur Rayo würde kein<br />
Verständnis haben, wenn sie keinen Erfolg haben würde. Bei einem Misserfolg dürfte sie noch dankbar sein, wenn<br />
ihr lediglich eine armselige Existenz in Ketten auf einer Galeere blieb. Nun denn, ihr erster Weg würde sie in das<br />
Archiv führen. Dort würden sich zunächst einmal mehr Informationen über Mirajida und Alrech zusammentragen.<br />
Und dann würde sie sich im Tempel der Zwillinge umhören. Andromejia hatte sich noch immer noch nicht so recht<br />
daran gewöhnt, dass aus dem einstigen Ort des Wissens ein Handelsplatz geworden war. Aber so war es eben in<br />
<strong>Maraskan</strong>. Die Dinge änderten sich rasch, und nur der hatte Bestand, der sich den Änderungen anpassen konnte.<br />
Und seit dem die Garethjas vertrieben wurden hatten sich die einstigen Tempel – keiner vermochte so recht zu<br />
sagen warum – in Markthallen verwandelt. Und dass diese Erscheinung im Tuzaker Tempel besondere Auswüchse<br />
annahm (es wurde wirklich alles verkauft was für gutes <strong>Gold</strong> zu haben war) lag vielleicht auch an daran, dass der<br />
Komtur in Tuzak trotz seiner Zugehörigkeit zum Orden ein Zholvarit war. Sei dem wie es sei. Andromejia war das<br />
alles herzlich egal. Es würde für sie in dem lauten Getümmel umso leichter sein, unauffällig Informationen zu<br />
sammeln.<br />
***<br />
Langsam kam Alvan wieder zu sich. Waren es die Schmerzen in ihrem Unterschenkel oder mehr das schaurige<br />
"Bumm-Bumm Bumm-Bumm" in ihren Ohren, das ihren Geist zurück in die Dritte Sphäre zwang? Sie wusste es<br />
nicht.<br />
Sie lag noch immer auf dem Deck der Fran-Horas und starrte in die glasigen Augen einer Toten. Die blonde<br />
Piratin... Ein Bolzen steckte in ihrem Kopf, der bleich und aufgedunsen. in einer dicken, schwarzroten Mischung<br />
aus Hirn und Blut lag. <strong>Das</strong> Gefecht musste in der Zwischenzeit weitergegangen sein. Keuchend rollte sich Alvan<br />
weg, als sie merkte, dass ihre linke Hand mitten in dem ekligen Gesupp lag. Hektisch wischte sie die Finger an<br />
ihrer Hose sauber.<br />
Ächzend erhob sich die Edle, lehnte sich an die Bordwand. Feister, graugrüner Nebel hing in der Luft, legte sich<br />
schleimig auf Planken und Taue. Er schien <strong>von</strong> innen zu leuchten, in einem kalten, fahlen Zwielicht. Obwohl bis<br />
auf ein leise schmatzendes Gluckern kein Wellengang zu hören war, ächzte und knarrte die Fran-Horas leise.<br />
Alvan liebte das Geräusch sich sanft wiegender Schiffe, aber dieses hier klang eher wie eine Streckbank, deren<br />
Hebel und Kurbel angezogen wurden. Und sie lag mitten darauf...<br />
Mit schmerzverzerrtem Gesicht tastete sie nach dem Holzsplitter in ihrer Wade. Kurz entschlossen zog sie ihn<br />
heraus. <strong>Das</strong> Gefühl eines durch eigenes Fleisch gezogenen Holzstücks war beinahe brechreizerregender als der<br />
beißende Schmerz, der mit wenig Verzögerung folgte. Alvan hechelte, atmete den ekligen, sich immer grünlicher<br />
verfärbenden Nebel ein. Einen Augenblick lang dachte sie, sie müsse sich vor Schmerzen erbrechen, aber dann ließ<br />
die Qual doch wieder nach. Hastig riss sie den Ärmel ihres Leinenhemds entzwei, um das hochsprudelnde Blut<br />
einzudämmen. Sie würde die Wunde bei Gelegenheit mit Salzwasser ausspülen müssen. Nun reiß dich zusammen,<br />
forderte eine Stimme in ihrem Kopf. Ist ja nicht die erste Wunde im Kampf, die du überstanden hast. Wirst es auch<br />
diesmal schaffen...<br />
"Bum- Bum! Bum-Bum!"<br />
Erst jetzt drang das merkwürdige Geräusch wieder an ihre Sinne, dass sie gerade eben schon irritiert hatte. Mit<br />
schmerzverzerrtem Gesicht griff sie nach der Reling, zog sich an den Wanten nach oben. Die Schmerzen ...auf die<br />
durfte sie jetzt nicht achten.<br />
"Bum-Bum! Bum-Bum!"<br />
Ihre scharfen Elfensinne nahmen bald noch andere Geräusche im Nebel wahr. Ein leises Quietschen. Die<br />
Bewegung <strong>von</strong> Riemen in ihren Dollen. Dazu ein rhythmisches Aufklatschen ins Wasser.<br />
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