Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
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„Wir haben konstanten Nordwind, schon den ganzen Tag. Wenn wir das Segel und das Ruder feststellen, kann das<br />
Boot auf Halbwindkurs nach Westen fahren. Vielleicht werden die Schergen dann vermuten, dass wir nach Aranien<br />
fliehen wollten und unterwegs <strong>von</strong> den Kreaturen der Blutigen See geholt worden sind.“ schlug Odilon vor.<br />
„Auf alle Fälle wissen sie dann nicht, wo wir angelegt haben. Hier lassen können wir es nicht. An Land ziehen<br />
wäre möglich, aber alles, was sich hier befindet, erhöht die Gefahr der Entdeckung durch einen Karakil. Bleibt<br />
versenken oder das Boot auf die offene See steuern.“ Alrik analysierte die Situation.<br />
„He, das ist mein Boot“ mischte sich Efferjina ein. „Ihr nehmt mir noch alles weg. Ich habe meine Familie<br />
verloren, meine Heimat, und nun nehmt ihr mir auch noch mein Schiff. Mit dem Kutter kann ich eine Existenz als<br />
Fischerin aufbauen. Ohne werde ich zur Bettlerin.“<br />
„Da hat sie Recht“ stimmte Alvan zu.<br />
„Aber wohin nur damit? Hier können wir es nicht lassen, wenn wir nicht gefunden werden wollen. Der Steg ist alt<br />
und verrottet, der Pfad zur Kapelle kaum zu erkennen. Aber eine Schleifspur würde der blindeste Flugdämon<br />
bemerken, also können wir es nicht an Land ziehen. Außerdem wäre vielleicht nicht das kleine Boot, aber auf alle<br />
Fälle der Kutter zu schwer selbst für uns acht.“<br />
„Also, stimmen wir darüber ab. Wir können die Zeit hier nicht mit Diskutieren vertrödeln. Wer ist dafür, dass wir<br />
das Boot aufs offene Meer steuern und treiben lassen?“ Alrik ergriff die Initiative und hob die Hand. Odilon und<br />
Hesindian taten es ihm gleich. Der Inquisitor hob ebenfalls die Rechte.<br />
„Gut, mit mir sind wir also zu viert. Wer ist der Ansicht, dass wir das Boot so gut als möglich hier verstecken<br />
sollen?“<br />
Alvan und Efferjina meldeten sich.<br />
„Nagut. Gunelde ist wohl nicht in der Lage ihre Meinung zu äußern. Was ist mit Dir, Sigismund?“<br />
„Naja, es ist doch ohnehin schon entschieden. Auch wenn ich dagegen bin, hättet ihr eine Stimme mehr. Also<br />
fangen wir halt damit an, den Kutter klar zu machen.“<br />
„Sigismund war froh, der immer noch gereizten Alvan nicht widersprechen zu müssen, obwohl er innerlich Alrik<br />
Recht geben musste. Aber sein Eintreten für Alvan hatte ein zartes Band des Vertrauens zwischen ihm und der<br />
Halbelfe geknüpft, das er jetzt nicht durch eine konträre Meinung aufs Spiel setzen wollte.<br />
Alrik nickte und er und Odilon gingen daran, die beiden Boote vorzubereiten. Odilon schlug mehrmals fest mit<br />
dem Schwertknauf auf die Mechanik des Ruderblattes. Es würde sich nicht mehr verstellen, und zugleich war das<br />
ein Schaden, der auch durch den Angriff eines Untiers der See entstanden sein konnte. Wer immer den Kutter fand<br />
sollte ja nicht gleich die Lunte riechen. Alrik belegte den Mastbaum so dass es für einen Halbwindkurs in etwa<br />
richtig stand. Dann hieben beide noch einige Male auf das Boot ein, so dass es aussah, als hätte hier ein Kampf<br />
gewütet. Naja, viel musste man dazu nicht mehr beitragen, schließlich waren noch genug Blutspuren an Deck. Aber<br />
es sollte dem Finder der Eindruck entstehen, dass der Kutter <strong>von</strong> einem Riesenkrak oder einer anderen<br />
Abscheulichkeit der See angegriffen worden war. Zuletzt setzten sie das Segel und überließen den Kutter der See.<br />
Eine finstere Wolkenbank hatte sich vor das Madamal geschoben. Auch das kam ihnen zugute, dachte Odilon. Ein<br />
nächtlicher Kundschafter würde so nicht viel erkennen können. Andererseits, wer wusste schon auf welche Weise<br />
ein dämonischer Karakil oder eine andere unheilige Kreatur seine Umwelt wahrnahm?<br />
Hesindian und Alvan halfen Gunelde, die noch immer einen verwirrten Eindruck machte, in die Kammer der<br />
Kapelle. Der Inquisitor bot sich an, die erste Wache zu übernehmen, was die anderen gerne annahmen. Alrik war<br />
wiederum überrascht angesichts der Zähigkeit des Geweihten. Er hatte lange Zeit gedacht dass die Praiospfaffen<br />
der Bequemlichkeit erlegen waren und dem Luxus in ihren Tempeln frönten. Aber die Zähigkeit und Ausdauer<br />
Selbfrieds kam wohl der Odilons gleich, und Odilon war ein gutes Stück jünger als der Priester. Froh, endlich zum<br />
Schlafen zu kommen, legte Alrik sich nieder.<br />
Aus der Ferne drangen leise Stimmen in die warme Dunkelheit. Verschwindet, ihr Stimmen, es ist gerade so<br />
angenehm warm und friedlich, dachte Odilon. Es ist noch nicht Zeit diesen erholsamen Schlummerzustand zu<br />
beenden. Gerade jetzt, da er mit Jirka durch die Wälder des Nordens zog wollte er nicht so abrupt wieder in den<br />
schwülwarmen Dschungel <strong>Maraskan</strong>s gerissen werden. Da war sie wieder, die glockenhelle Stimme Jirkas, die er<br />
so lange nicht gehört hatte. Lasst mich noch eine Weile ihren Worten lauschen, dann werde ich mich wieder dem<br />
Tagwerk hier widmen, wünschte sich Odilon. Die Stimme war so rein.<br />
Die Stimme war jedoch sehr irdisch und keineswegs die <strong>von</strong> Jirka. Sie unterhielt sich auch nicht mit ihm sondern<br />
mit Hesindian. Odilon öffnete die Augen. Gunelde! Sie hatte wieder zu sich gefunden.<br />
"Gunelde! Was für eine Überraschung! <strong>Das</strong> erste, was ich <strong>von</strong> Dir höre, seid wir Dich wieder gefunden haben. Wie<br />
geht es Dir?"<br />
"Soweit gut. Ja, ich kann nicht klagen. Ein sehr schöner und ruhiger Ort ist das hier. Ich könnte es hier eine Weile<br />
aushalten."<br />
"Ja, und das sollten wir auch" mischte sich Alvan ein. "Schließlich ist das hier heiliger Boden. Wenn wir irgendwo<br />
für eine Weile Zuflucht finden, dann hier. Die Kapelle ist den Zwillingen geweiht. Hier sind wir sicher <strong>von</strong><br />
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