Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
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der Zwölfe <strong>von</strong> Kindesbeinen an eingetrichtert haben, eine verdrehte, eine pervertierte Wahrheit ist. Aber Du sollst<br />
Zeit und Gelegenheit haben, die richtige Entscheidung zu treffen. Ich werde Dich und die Deinen sicher nach<br />
<strong>Maraskan</strong> geleiten. Und ich werde, um Dich <strong>von</strong> meiner Großzügigkeit und Güte zu überzeugen, Sorge tragen dass<br />
Alvan Dein Werben erhören wird. Bis zu diesem Tage, an dem Alvan den Wunsch äußert, die Deine zu werden,<br />
wird Dir nichts geschehen. Dann aber entscheide Dich. Greife zum Messer, ritze Dir in den Finger, opfere einen<br />
Tropfen Deines Blutes und sprich meinen Namen aus, und ich werde für eine sichere Heimkehr für Dich und Alvan<br />
Sorge tragen. Greif abermals zum Messer und töte diesen selbstherrlichen Inquisitor, und ich werde auch den Rest<br />
Deiner Gefährten beschützen und Euch auch den Weg zum Tal der Schmetterlinge zeigen.<br />
Woher weiß ich, dass das alles nicht einfach nur ein Alptraum ist? wollte Sigismund wissen.<br />
Sieh dich um, forderte die wispernde Stimme in seinem Kopf.<br />
Der Streuner blickte nach links, aber dort lagen nur seine Gefährten, arglos und leise atmend.<br />
Er blickte nach rechts und dort huschte eine fette, graubraune Ratte über die Bohlen.<br />
Ein kaltes, metallisches Fauchen ließ ihm das Blut gefrieren. Ein schwarzes Etwas sprang aus dem Nichts auf das<br />
ängstlich quiekende Tier und riss es in Stücke. Ein nachtschwarzer Kater mit grünlich glühenden Augen.<br />
<strong>Das</strong> beweist nichts, dachte Sigismund und schloss die Augen. Es ist nur eine Schiffskatze.<br />
Öffne Deine Augen und sieh, Sigismund. Kein Tier tötet nur aus Lust und lässt seine Beute danach liegen.<br />
Außerdem: Hast Du heute an Bord irgendwo eine Katze gesehen?<br />
Sigismund öffnete die Augen. Die beiden Rattenhälften lagen in einer kleinen, dickflüssigen Blutlache. Der Kater<br />
war verschwunden. Sigismund hatte das Gefühl, als säße er in seinem Kopf und strich dort knurrend und fauchend<br />
umher.<br />
Glaubst du mir jetzt?<br />
Sigismund nickte und schluckte betreten.<br />
Stille. Die durchdringende, hart und kalt klingende Stimme war aus seinem Schädel verschwunden, so plötzlich wie<br />
sie erschienen war. Sigismund war völlig verwirrt, nahezu aufgelöst. Es war Sigismund, als habe er die letzten<br />
Minuten noch nicht einmal das Sternenlicht gesehen. Er zitterte am ganzen Leib. Er vermochte noch gar nicht zu<br />
fassen, was er da gehört hatte. Stimmte das? Oder war das ganze ein Versuch der Dämonen, ihn vom Weg der<br />
Zwölfgöttlichkeit abzubringen. Ein Bluff, wie man bei Boltanspielern sagte, oder eine ernstzunehmende Drohung.<br />
Es hörte sich alles so logisch, so klar an. Vielleicht hätten sie die Gefechte tatsächlich nicht überlebt ohne Schutz...<br />
Vielleicht stimmte es wirklich, dass Belhalhar ihn für sich gewinnen wollte und deshalb ihn beschützte. Sigismund<br />
war völlig aufgewühlt. Er beschloss, sich schlafen zu legen und nicht mehr an diese unheimliche und gnadenlose<br />
Stimme zu denken. Sigismund legte sich nieder, schloss die Augen. Allein, Borons Schlummer wollte ihn nicht<br />
übermannen.<br />
Odilon stand noch immer an Deck. Seine Augen suchten den Horizont ab. Irgendwo dort draußen musste die Fran-<br />
Horas sein, oder besser das, was <strong>von</strong> ihr übrig war. Sie würde wieder auftauchen, soviel stand fest. Früher oder<br />
später würde der Verwesungsgeruch in ihre Nasen wehen, und dann würde es auch nicht mehr lange dauern, bis das<br />
unheimlich grünlich leuchtende gesunkene und <strong>von</strong> Efferd ausgespieene Schiff wieder auftauchte. Die hier wie auf<br />
dem Präsentierteller angebotenen Seelen würden sie sich nicht entgehen lassen. Alvans Steuermanöver hatte die<br />
Fran-Horas zurückfallen lassen, hinter den Nebelschwaden in der Finsternis verschwinden lassen, aber sie war noch<br />
da. Er spürte es.<br />
"Ich habe das Beiboot schon überprüft. Die Ruder sind griffbereit, wir müssen es nur noch zu Wasser lassen, wenn<br />
die Fran-Horas auftaucht." Meinte Selbfried. "Auftaucht, im wahrsten Sinne des Wortes. <strong>Das</strong> seelenlose Schiff ist<br />
ja nur nachts zu sehen. <strong>Das</strong> lichtscheue untote Gesindel meidet die goldenen Strahlen Praios´ ja."<br />
Nebelfetzen zogen über das dunkle Meer. Ein Geruch <strong>von</strong> Moder schwang in der Luft mit. Alvan wurde übel.<br />
"<strong>Das</strong> heißt wenn Gunelde auf dem Geisterschiff gefangen ist, dann wird sie spätestens bei Sonnenaufgang sterben.<br />
Sie wird ertrinken, wenn die Fran-Horas in der Blutigen See versinkt?" wollte Odilon wissen.<br />
"Mit hoher Wahrscheinlichkeit." Selbfried antwortete emotionslos. "Wenn sie an Bord ist und nicht <strong>von</strong> anderen<br />
Kreaturen geholt wurde. Der Rudergänger ist ja auch verschwunden, bevor die Fran-Horas aufgetaucht ist. Aber<br />
das werden wir ja herausfinden."<br />
"Dort drüben" mischte Alvan sich ein. "Dringt nicht dieses schauderhafte grünliche Leuchten aus dem Nebel dort<br />
hervor?" Tatsächlich erspähten die Gefährten wieder das grüne Licht, welches das Geisterschiff umgab. Es war gar<br />
nicht so weit weg, vielleicht dreihundert Schritt.<br />
"Kapitän!" rief Odilon. <strong>Das</strong> Schiff. <strong>Das</strong> Geisterschiff ist wieder in der Nähe."<br />
Vegsziber nickte. "Gut. Was wollt ihr jetzt tun? Ich werde keinem meiner Leute befehlen, ein solches<br />
Alveranskommando mitzumachen und das Geisterschiff angreifen. Meine Jungs und Mädels fürchten sich vor<br />
keinem menschlichen Gegner, aber gegen Geister kann man nicht kämpfen."<br />
"Fliehen könnt ihr ohnehin nicht, solange kein Windhauch weht. Besser kämpfen als sich selbst aufzugeben!"<br />
erwiderte Odilon.<br />
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