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Das Gold von Maraskan - Darpatien

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Zeit ebenso wie Alvan einen Gehstock brauchen, und auch den Arm in einer Schlinge tragen müssen. Aber die<br />

Schmerzen, auch wenn Alemanjinor das kaum glauben konnte, waren so schlimm, dass Andromejia das<br />

Bewusstsein<br />

verloren hatte. An weitere Kämpfe oder auch eine Rückkehr zu den Dajinim war in dieser Situation nicht zu<br />

denken.<br />

Am schlimmsten stand es um Rauline. Die Gefangene war wieder zu sich gekommen – das Schlafgift hatte<br />

mittlerweile nachgelassen – aber sie konnte kaum atmen, und bei jedem Atemzug war ein pfeifendes Geräusch zu<br />

vernehmen, dort wo die Luft durch die Schusswunde entwich. Eigentlich hätten sich die Rebellen keine große<br />

Mühe mit ihr gegeben, schließlich war es nicht üblich, in diesem Krieg Gefangene zu machen. Aber Odilon hatte<br />

darauf bestanden. Er hatte das tiefe Bedürfnis, nach diesem schrecklichen Gemetzel einem Menschen helfen zu<br />

können.<br />

Odilon hielt der verletzten Gardistin die Hand in der verzweifelten Hoffnung, er könne ihr damit helfen, während<br />

Alemanjinor den Pfeil, der hinten aus dem Rücken der Gardistin ragte, ganz durch die Wunde zog.<br />

<strong>Das</strong> war der schlimmste Augenblick. Der Pfeil musste raus, aber nun konnten die Verletzungen innerlich bluten,<br />

das Blut würde in die Lunge eindringen. Alemanjinor legte blutstillende Kräuter auf, und Hesindian sprach einen<br />

Heilzauber. Der Magus war erschöpft, er konnte nicht mehr viel helfen. Aber vielleicht würde es genügen, um<br />

zumindest innere Blutungen verhindern zu können. Danach konnte man nur noch beten.<br />

Alrik war zu Odilon getreten. „Deine Verwendung für die Soldatin in Ehren, aber ich glaube kaum, dass sie die<br />

Nacht überstehen wird. Hesindian hat nicht mehr viel magische Kraft in sich. Ich hoffe nur, dass wir nicht<br />

andernorts gerade dieses bisschen Kraft gebraucht hätten. Immerhin dient sie der falschen Seite. Und wir haben<br />

auch keine Gnade zu erwarten wenn sie uns kriegen.“<br />

„Richtig. Ich weiß auch nicht, was wir mit ihr machen sollen, selbst wenn sie überlebt. Mitnehmen können wir sie<br />

nicht. Aber dennoch sind heute genug Menschen gestorben. Lass uns inmitten dieses Gemetzels für ein wenig<br />

Milde und Barmherzigkeit sorgen. Wir erheben ja Anspruch darauf, auf der guten Seite zu stehen. Also lass uns<br />

etwas dafür tun, diesem Anspruch zu entsprechen. Ich habe heute meinen... na ja, wohl meinen Schwiegersohn<br />

verloren. Lasst uns wenigstens dieses Leben retten.“<br />

„<strong>Das</strong> macht ihn auch nicht mehr lebendig. Aber du hast Recht, wir sollten Sigismund noch begraben.“<br />

„Ja. Aber das hier, das ist nicht wegen Sigismund. Ich habe einfach Angst, dass wir inmitten dieser harten<br />

grausamen Welt völlig verrohen. Wir dürfen uns nicht genauso verhalten wie... wie diese rachsüchtigen Diener des<br />

Rondrafeindes. Dann haben sie schon gewonnen. Wir dürfen nie vergessen, wofür wir kämpfen. Wir haben unsere<br />

ethischen Grundsätze. Und nur diese sind es, warum es sich lohnt, auch in schweren Zeiten nicht aufzugeben.<br />

Deswegen will ich alles tun, damit diese Soldatin überlebt.“ Odilons Hand tastete nach dem Herzschlag der<br />

Soldatin. Nur schwach war er zu fühlen. Dabei kam Odilons Hand auf einer Kette mit einem Anhänger zu liegen.<br />

Ohne darüber nachzudenken warum tastete er nach dem Anhänger. Es war ein silbernes Oval mit Ornamenten<br />

darauf, die Odilon irgendwie an zwergische Runen erinnerten.<br />

„Sieh nur. Ein schönes Amulett. Sollte sie diese Nacht nicht überleben, dann werden wir sie begraben wie es sich<br />

gehört, und wir werden dieses Amulett auf ihr Grab legen. Aber ich hoffe, dass das nicht notwendig sein wird.“<br />

sagte Odilon. Alrik besah das Amulett.<br />

„Was ist denn das? <strong>Das</strong> Amulett hat ein kleines Scharnier!“ bemerkte Alrik. „Jetzt bin ich aber auch neugierig. Was<br />

mag sich wohl darin verbergen?“ Alrik fingerte an dem wohl schon seit langem ungeöffnetem Mechanismus<br />

herum. Schließlich gelang es ihm, das Amulett zu öffnen.<br />

„Sieh einmal an. Eine Gravur. Ein Gebäude, eine Burg. Oder ein Tempel, wie mir scheint. Da unten sind die<br />

Symbole <strong>von</strong> Hammer und Amboss!“ erläuterte er.<br />

„<strong>Das</strong> ist der Ingerimm-Tempel <strong>von</strong> Angbar. Ein trutziges Gemäuer, ich hab ihn vor Jahren einmal gesehen. Dieses<br />

Amulett wird <strong>von</strong> den Priestern in Angbar an die Gläubigen als Talisman verkauft. Üblicherweise ist es geweiht.“<br />

Odilon blickte lange auf das Amulett. „Wenn die Soldatin trotz allem noch an die Zwölf glaubt müssen wir ihr erst<br />

recht helfen.“<br />

Wie durch einen dichten warmen Nebel drangen die Worte in Raulines Gehirn. Sie war zu schwach, etwas zu<br />

sagen. Sie war sogar zu schwach, darüber nachzudenken. Aber es war lange her, das jemand die Zwölf erwähnte in<br />

ihrer Gegenwart. Nein, sie würde nicht sterben. Sie würde dies hier überleben. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte<br />

sie sich geborgen. Diese fremden Krieger würden sie beschützen. Es wurde warm und dunkel. Dann schlief Rauline<br />

ein.<br />

Odilon und Alrik überließen Rauline den Heilern. Der Rebellenhauptmann hatte einen Bericht erbeten, und den<br />

sollte er bekommen. Odilon fing mit seiner Erzählung mit dem Aufbruch aus dem Sichelgebirge an. Schließlich<br />

brauchten sie ja die Hilfe der Rebellen, um das Tal der Glühwürmchen zu erreichen. Da würde es also wenig Sinn<br />

machen, etwas zu verheimlichen. Es war allemal besser, durch die Erzählung der vollen Wahrheit das Vertrauen<br />

der Rebellen zu erringen.<br />

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