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Das Gold von Maraskan - Darpatien

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"In Sicherheit" brummte Odilon und sah sich nach einer Decke um, die völlig durchnässte Frau, die ihrer Kleider<br />

entledigt werden musste, darin einzuhüllen. Die Frau seufzte etwas, was "Dann ist es gut" oder einfach nur einen<br />

hilflosen Laut bedeuten konnte, dann sank sie wieder in Borons Arme zurück. Während Odilon ihre mit Seewasser<br />

und Krakenblut getränkte Uniform öffnete, versuchte er zu rekonstruieren, was mit Undinai geschehen war, schon<br />

um bei ihrem Anblick auf nicht allzu rahjagefällige Gedanken zu kommen. Soweit er sich entsann, war sie zuletzt<br />

am Schanzkleid gestanden und hatte in Richtung des Beiboots und der Küste geblickt. Im Augenblick der<br />

Explosion musste sie sich vor der Hitzewelle unwillkürlich nach vorne gekrümmt und das Gleichgewicht verloren<br />

haben, mit dem Kopf voran auf den Vogelschnabel der Krake gefallen und dort besinnungslos liegen geblieben<br />

sein. Bis auf eine leichte Platzwunde auf der Stirn konnte er jedenfalls keine weitere Verletzung auf ihrem Körper<br />

entdecken.<br />

Ein letztes Mal sah Alvan zur Riesenkrake hinüber. Merkwürdig, erst jetzt hatte sie Gelegenheit, das Geschöpf der<br />

Tiefe ausgiebig zu betrachten. Es sah eigentlich nicht aus, wie sich Klein-Alrik eine Riesenkrake vorstellte: der<br />

Rumpf und der Kopf des Wesens sah eher aus wie ein langgezogener Pilz oder die Spitze eines Armbrustbolzens,<br />

außerdem hatte es nur zwei suppentellergroße Augen (die jetzt allerdings durch Pfeile zerstört waren) statt dem<br />

üblichen Kranz aus zehn sowie die Farbe eines gekochten Hummers. Ursprünglich hatte das Wesen einmal zehn<br />

Fangarme gehabt, die bis auf vier nun größtenteils abgehackt oder zumindest halbiert waren. Zwei dieser Tentakel<br />

ähnelten eher langen Fäden und endeten in einer Art Pfeilspitze. Ein Riesenkalmar - das Wort schoss Alvana durch<br />

den Kopf. Eigentlich ein schönes Tier - oder lag dieses Empfinden wieder einmal an ihrer maraskanischen<br />

Einstellung? Lediglich der scharfe, beißende Geruch, der <strong>von</strong> der Krake ausging und sie irgendwie an einen<br />

gigantischen Pisseimer erinnerte, störte das erhabene Bild ein wenig.<br />

Mit einem Seufzen stieß die Edle <strong>von</strong> Nordenheim das Tier ab, das nun weiter schwerfällig Richtung Brandung<br />

rollte, Sigismund, Alrik und die beiden Matrosen legten sich in die Riemen. Bald konnten sie wieder mit dem Segel<br />

Fahrt aufnehmen.<br />

Die Nacht verlief - bis auf den Weinkrampf Undinais, als sie vom Ende ihrer Mannschaft erfuhr - erstaunlich ruhig,<br />

und der grandiose Sonnenaufgang entschädigte für einiges. Blutrot und in einer Geschwindigkeit, die an eine <strong>von</strong><br />

Kinderhand hochgeworfene Schweinsblase erinnerte, stieg die Sonnenscheibe aus dem <strong>Maraskan</strong>sund. Alvan, die<br />

kurz zuvor aus einem unruhigen Schlaf erwacht war, ging das Herz über. <strong>Das</strong> Glitzern, die Sonne – kein Zweifel,<br />

das hier waren südliche Gewässer, wie sie sie schätzte. Zum ersten Mal seit langen empfand sie wieder Vergnügen<br />

an dieser Reise. Hätte sie geahnt, dass diese Lust schon die erste unmerkliche Versuchung der Belkelel war, die sie<br />

in ihrem Reich erwartete, ihre Stimmung wäre vermutlich gedämpfter gewesen.<br />

Steuerbord glitt die oronische Küste vorbei. Der Kutter machte gute Fahrt, die Stimmung besserte sich <strong>von</strong> Stunde<br />

zu Stunde. Bis zum Mittag beschränkte sich der einzige ernste Zwischenfall auf einen leichten Sonnenbrand, der<br />

Sigismunds Gesicht krebsrot färbte.<br />

Schließlich tauchte vor ihnen die Umrisse einer Hafenstadt auf, genauer gesagt, eine kleine, dicht bebaute Insel, die<br />

der eigentlichen Stadt vorgelagert war. "<strong>Das</strong> muss Elburial sein," teilte Alvan den übrigen mit. "<strong>Das</strong> Hafenviertel."<br />

Mit jedem Knoten Fahrt tauchten weitere Einzelheiten auf - Türme, Kuppeln, Flachdächer, auf dem ersten Blick<br />

eine ganz normale südaventurische Stadt. Ein paar fliegende Fische schwirrten über die glitzernde See und<br />

verschwanden wieder. Spielten die Sinne ihr einen Streich oder drang bereits ein süßer, schwerer, lieblicher Duft<br />

nach wildem Rausch, zartem Laster und hemmungsloser Hingabe in ihrer Nase? Sie musste wohl für einen<br />

Moment verzückt die Augen geschlossen haben, die Hand um eines der Taue verkrampft, den ihr Vater knuffte sie<br />

mit leichter Verärgerung (oder Sorge?) in die Seite: "Wir sollten uns langsam mal überlegen, wie wir uns in<br />

Elburum verhalten. Einfach so an Land gehen wäre wohl zu gefährlich, oder was meinst du?"<br />

„Ganz gewiss. Als Einheimische können wir uns nicht ausgeben.“ begann Sigismund. „Mein Schwesterlein hat mir<br />

<strong>von</strong> diesem Land und <strong>von</strong> seinen Gebräuchen erzählt. Auf alle Fälle sind uns allen die Gepflogenheiten im Land<br />

der Anhänger der Verderbten Lust viel zu wenig bekannt, als dass wir nicht auffallen würden.“<br />

„Moment Mal, was hast Du für eine Schwester, die sich in diesem Land auskennt?“ fragte Eckbert, der bärtige<br />

Matrose der Greif.<br />

„Nihiliane <strong>von</strong> Baernfarn-Helligfarn ist eine Predigerin der Hesinde des Garether Tempels, sie hat auf ihrer Reise<br />

nach Zorgan natürlich auch Berichte gesammelt über die jüngsten Ereignisse in diesem Teil Araniens. Man muss<br />

den Feind kennen, hat sie immer gesagt. Ist aber letztlich gleichgültig für uns, da wir nicht viel Wissen über Oron.<br />

Ich hab mal gehört, dass die Herrscherin Dimiona heißt und dass sie allen ihren Sklaven die Haare abrasiert.“<br />

„Und dass soll dann luststeigernd sein. Die haben wohl noch nie einem hübschen Mann übers Haar gestreichelt.“<br />

rief Alvan aus. Sigismund lachte, auch einige der anderen konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Undinais<br />

Augen funkelten freudig, als könne sie es kaum erwarten, die Stadt der Versuchung zu sehen.<br />

„Wir müssen Elburial erst noch südlich umrunden“ meinte Alvan. „ Dann laufen wir in das Hafenbecken ein. Dort<br />

müssen wir vor allem ein Auge darauf haben, ob irgendwo Mercurios Schinakel vertäut ist. Wir sollten uns<br />

jedenfalls nicht gleich daneben einen Anlegeplatz suchen. Dann können wir uns eine Herberge suchen. Und wir<br />

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