Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
erneut an der Nachtwind festmachten, hob sich mit atemberaubender Geschwindigkeit der Sonnenball aus dem<br />
Wasser.<br />
Mit zunehmender Panik in den Augen sah Alvan die Böschung hinauf, versuchte Odilon mit ihren Augen förmlich<br />
herbeizuzwingen. Nichts.<br />
Sie eilte den Trampelpfad nach oben, sah sich um. Keine Spur <strong>von</strong> Odilon. In der Ferne sah sie eine Schar Bauern,<br />
die zur Feldarbeit ging. Hastig duckte sie sich hinter einem Strauch und ballte die Faust. Ist das dein Plan, Rur? Wir<br />
haben diesen eingebildeten Inquisitionsrat aus Oron gerettet und lassen meinen Vater hier? Voller ohnmächtiger<br />
Wut und Verzweiflung ballte sie die Faust und starrte sich die Augen aus dem Leib. Nichts. Langsam wurde es hell<br />
und warm.<br />
Schließlich trat Alrik <strong>von</strong> hinten neben ihr. "Wir haben keine Zeit mehr. Wir sollen sofort ins Boot, oder sie<br />
stechen ohne uns in See."<br />
"Aber... mein Vater..." Alvan kämpfte mit den Tränen. "Wir können ihn doch nicht hier...zurücklassen..."<br />
"Dein Vater wird sich schon irgendwie ins freie Aranien durchschlagen. Er ist ein erfahrener Waldläufer und hat<br />
schon ganz andere Sachen überlebt."<br />
"Aber..."<br />
"Nun, er hat gewusst, was auf dem Spiel steht. Eigentlich kann er schon nicht mehr damit rechnen, uns hier<br />
vorzufinden. Vermutlich hat er längst den Weg nach Norden genommen." Alrik war anzumerken, dass er seinen<br />
Worten selbst nicht unbedingt Glauben schenkte. Alvan wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Dann ging<br />
sie wie betäubt zum Pfad zurück, nicht ohne sich noch einmal umzudrehen. Keine Spur <strong>von</strong> Odilon.<br />
Sie sah in die Bucht hinunter, wo ihre Gefährten bereits im Boot saßen und auf die <strong>Maraskan</strong>er einredeten, die ihr<br />
Boot schon einige Schritt aufs offene Meer hinausgesteuert hatten. Der Friedwanger hatte Recht. Odilon hatte<br />
gewusst, worauf er sich einließ. Er hätte nicht gewollt, dass sie sich wegen ihm selbst in Gefahr begaben.<br />
Alvan folgte dem Baron zum Strand, watete durch das Wasser und stieg in das Boot, wie ein Delinquent in den<br />
Karren, der ihn zur Hinrichtung brachte. Sie achtete nicht auf die wüsten Beschimpfungen, die einer der<br />
<strong>Maraskan</strong>er über die Nachzüglerin ausstieß. "Mein Vater..." sagte sie tonlos zu Alrik, der sich neben ihr auf eine<br />
Ruderbank setzte.<br />
"Wir müssen froh sein, dass sie uns überhaupt mitnehmen" meinte der Baron. "Keine Ahnung, woher wir nachher<br />
das Geld für die Überfahrt nehmen sollen." Die Männer und Frauen <strong>von</strong> der "Nachtwind" legten sich in die<br />
Riemen. Langsam entfernte sich das Beiboot vom Strand, <strong>von</strong> der Küste Orons und damit Odilon, den sie irgendwo<br />
dahinter zurück gelassen hatten. Alvan begann zu weinen.<br />
Mit tränenverschleierten Augen sah Alvan zum Strand. Sie fühlte sich so elend wie noch nie zuvor in ihrem Leben.<br />
Wie sollte sie ihrer Mutter beibringen, was sie hier getan hatte - den eigenen Vater in den Schwarzen Landen<br />
zurücklassen. Auch Sigismund, Hesindian, Alrik und Gunelde sahen betroffen drein, lediglich der Inquisitionsrat<br />
sah unbeteiligt zur Praiosscheibe, sprach vielleicht ein Gebet zu seinem mitleidlosen Sonnengut, der wie zum Hohn<br />
über den leeren Strand leuchtete.<br />
"Was ist das?" Sigismund ruckte hoch. "Dort, die Staubwolke."<br />
Alvan, die gerade ihre brennenden Augenlider geschlossen hatte, riss sie wieder auf. Tatsächlich, weit hinter den<br />
Felsen wirbelte Staub auf. Eine Windhose?<br />
Die Hoffnung kehrte in der gleichen Zeit zu Alvan zurück, die sie brauchte, um zu erkennen, dass dies ein Reiter<br />
sein musste, der sich der Bucht näherte. Ihr Vater... Wilde Zuversicht riss sie <strong>von</strong> der Ruderbank, so dass das<br />
Beiboot bedenklich zu schwanken begann. Die Schmuggler fluchten und zerrten sie wieder nach unten.<br />
"<strong>Das</strong>, das ist Odilon!" jubelte nun auch Sigismund. "<strong>Das</strong> muss ...das ist Odilon!"<br />
Alrik runzelte die Stirn. "Ich weiß nicht. <strong>Das</strong> gefällt mir nicht. <strong>Das</strong> scheinen mehrere Reiter zu sein."<br />
Alvan, die ebenfalls kurz davor gewesen war, vor Freude laut aufzuschreien, sah sich die gelbe Wolke genauer an.<br />
Tatsächlich, für einen einzelnen Reiter wurde hier viel Staub aufgewirbelt.<br />
"Wir müssen zurück zum Strand" sagte sie mit sich vor Aufregung überschlagender Stimme, zu der Matrosin an<br />
der Ruderpinne. "<strong>Das</strong> ist unser Gefährte. Er hat das Geld."<br />
"Vergiss es, Schwester. Wer auch immer sich da nähert, er ist nicht allein." Empört sah die Frau über ihre Schulter.<br />
"Wenn ihr die Oronier zu unserem Versteck gelockt habt, dann wird euch Vegsziber dafür <strong>von</strong> der Weltenscheibe<br />
schleudern. Nichts als Ärger haben wir wegen euch. . ."<br />
"Wir müssen zurück."<br />
"Nein. Wir müssen hier weg, Kleines. Du kannst froh sein, dass der Alte überhaupt solange gewartet hat. <strong>Das</strong> habt<br />
ihr allein Ruramid zu verdanken."<br />
Mit schnellen Ruderschlägen näherte sich das Beiboot der "Nachtwind", deren Aufbauten immer größer und größer<br />
über dem Bug auftauchten. Mehrere Matrosen standen an der Reling und sahen zur Küste.<br />
Ein Mann machte eine Hornisse am Bug der Zedrakke klar. Alvan fragte sich, was das für einen Sinn machte -<br />
Angreifer <strong>von</strong> Land würde er damit ebenso wenig erreichen können wie diese ihn, aber nun ja.<br />
Erneut sah sie zur Küste. Ein Reiter tauchte unvermittelt am Felsrand auf und warf sein Pferd herum. <strong>Das</strong> war<br />
Odilons Shadif...ja, das war Odilon.<br />
146