Das Gold von Maraskan - Darpatien
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ein leichter Lufthauch wehte, so dass die Piraten, die immer noch lautstark miteinander redeten, auch nicht durch<br />
einen Lufthauch oder eine veränderte Temperatur auf das Öffnen der Tür aufmerksam wurden.<br />
Dann ging es blitzschnell. Die Tür war offen, und auf Alriks Zeichen sprang Odilon hindurch und hieb mit einem<br />
mächtigen Schlag dem linken der Piraten die metallenen Handschellen, mit denen er eben noch gefesselt war, über<br />
den Schädel. Noch ehe der zweite Pirat sich <strong>von</strong> seinem Schrecken erholen konnte hatte Alrik ihn gepackt und ihm<br />
fest die Hand vor den Mund gepresst. Mit kräftigem Zug zerrte er den überraschten Piraten ins innere der Kammer,<br />
wo er ihn gemeinsam mit Sigismund fesselte und knebelte. Odilon schleifte den zweiten Piraten ebenfalls ins<br />
Innere, wo mit ihm in gleicher Weise verfahren wurde.<br />
„Alrik, Sigismund, ihr beide zieht die Kleidung der Piraten an!“ ordnete Odilon an. Instinktiv hatte Odilon das<br />
Kommando für das weitere Vorgehen ergriffen. „die beiden haben ungefähr Eure Statur. Danach übernehmt ihr die<br />
Posten der Piraten, damit nichts auffällt. Ich werde mir das Schiff inzwischen ein wenig ansehen. Gunelde soll sich<br />
um Hesindian kümmern. Aber zuvor, Alrik, kette noch den Inquisitor und seinen Gehilfen los. Sie sollen sehen,<br />
dass wir Ihnen vertrauen.“<br />
Sigismund nestelte am Verschluss einer Lederrüstung, und Alrik befreite nacheinander Hesindian, Selbfried und<br />
Corbenian. Dann legte auch der die zerschlissene Hose und das gestreifte Hemd an, das Sigismund für ihn bereit<br />
gelegt hatte. Dann prüfte er die Axt, die der Pirat getragen hatte. Keine besonders gute Axt, aber immerhin war er<br />
nun bewaffnet. Sigismund hatte sich einen Säbel umgebunden, und Odilon hatte sich die beiden Messer der Piraten<br />
angeeignet. Er würde sie gebrauchen können, wenn er das Schiff erkundete. Er mußte Waffen für seine Kameraden<br />
finden. Und er mußte feststellen, wie viele Piraten noch an Bord waren. Vor allem aber mußte er Alvan finden. Er<br />
ließ seinen Blick über das Deck schweifen. Es war noch immer neblig, und zudem brach die Nacht herein. <strong>Das</strong> war<br />
sehr gut. Alrik und Sigismund hatten sich an die Wand neben der Tür gelehnt und hielten eifrig Wache. Wer nicht<br />
direkt in ihre Gesichter schaute, der würde den Schwindel wohl nicht durchschauen.<br />
Odilon erspähte einen Mann, der achtern stand und das Steuer bediente. Und er hörte zahlreiche Stimmen und<br />
grölende Laute unter Deck. Offenbar befand sich dort das Gros der Piraten und feierte den Sieg über die Aranier.<br />
Sollten sie. Je mehr sie trinken würden, umso besser für ihn. Odilon steuerte daher zuerst den Bugaufbau an. <strong>Das</strong><br />
Deck war bis auf den Steuermann völlig leer, ohne irgendjemandem zu begegnen erreichte Odilon sein Ziel. Odilon<br />
sah drei tote Piraten aufgebahrt, darunter die Piratin, die ihm schon einmal aufgefallen war. Sehr gut. Drei Piraten<br />
weniger, die es zu bekämpfen galt.<br />
Am Bugaufbau angekommen vernahm Odilon ein Geräusch. Es kam aus dem inneren des Aufbaus. Leise Schritte!<br />
Odilon presste instinktiv sein Ohr an die Wand und lauschte. Richtig, in der Kajüte, die der Lage nach zu urteilen<br />
einem Offizier, vielleicht gar dem Kapitän gehörte, befand sich jemand. Odilon stieg die Leiter herauf, die auf den<br />
Bugaufbau führte. Vielleicht konnte er <strong>von</strong> oben durch eine Ritze in den Planken einen Blick erhaschen.<br />
Mittlerweile war die Nacht gänzlich herein gebrochen. Es war so finster, dass man nicht einmal mehr vom Bug bis<br />
zum Heck sehen konnte. Odilon suchte den Bugaufbau ab. Zwei Rotzen und zwei Hornissen befanden sich dort,<br />
beide unbesetzt, aber eine Ritze um in den darunter liegenden Raum zu schauen suchte Odilon vergeblich.<br />
Tock Tock Tock. Leise Schritte waren zu hören. <strong>Das</strong> Geräusch kam vom Deck her, nicht aus der Kajüte unter ihm.<br />
Die Schritte wurden lauter, die Person näherte sich also. Aber ob der Unbekannte sich der Kajüte nähern wollte<br />
oder ob er den Bugaufbau erklimmen wollte konnte Odilon nicht erahnen. Vorsichtshalber stieg Odilon über die<br />
Reling und hielt sich mit einer Hand an einem Belegnagel fest. Mit den Füßen stützte er sich an der Bugwand des<br />
Schiffes ab. Hier würde ihn niemand entdecken.<br />
Und Odilon hatte gleich noch einmal Glück. Ein verglastes Fenster gewährte ihm ungehinderten Blick in die<br />
Kajüte. Einen gefahrlosen Blick hinzu, denn die Dunkelheit lies das Glas <strong>von</strong> innen wie einen Spiegel wirken,<br />
während man <strong>von</strong> außen hineinschauen konnte, ohne entdeckt zu werden.<br />
Odilon erblickte einen Mann, der schwer atmend und augenscheinlich ohne Bewusstsein auf einer Pritsche lag.<br />
War das nicht der Kapitän? Dachte Odilon. Und er sah noch eine zweite Gestalt. Ein Mann war damit beschäftigt,<br />
etwas in ein Buch zu schreiben. Vielleicht das Logbuch? Mutmaßte Odilon. Vielleicht war das der erste Offizier<br />
des Kapitäns, der etwas in das Logbuch schrieb? Möglich, dachte Odilon. Aber vermutlich dachte er viel zu<br />
militärisch. Wer vermochte schon zu sagen, wie die Mannschaft auf einem xeraanischen Piratenschiff strukturiert<br />
war. Dann stand der Mann auf, nahm ein Kissen, und drückte es dem Kapitän ins Gesicht. Wollte der Mann ihn<br />
etwa ersticken? <strong>Das</strong> mußte es sein! Der Pirat wollte seinen Kapitän dessen Verletzung nach der vergangenen<br />
Schlacht ausnutzend meucheln. Womöglich um selbst die Stelle des Kapitäns einnehmen zu können. Wie auch<br />
immer, Odilon konnte es nur recht sein, wenn die Piraten sich selbst bekämpften.<br />
Plötzlich öffnete sich die Türe. Ein Pirat, ein älterer Pirat mit blonden Haaren betrat die Kajüte und sah, wie der<br />
eine Pirat den Kapitän ersticken wollte.<br />
„Ich wusste es! Du willst selbst Kapitän werden, Emporio. Aber das wird Dir nicht gelingen!“<br />
„Du wärst besser bei den anderen geblieben, Algondo. Jetzt muss ich Dich töten!“<br />
Algondo zog seinen Säbel, und Emporio griff nach einem Schwert, das neben dem bewusstlosen Kapitän lag. Beide<br />
holten aus. Mit kräftigem Schwung prallten die beiden Klingen aufeinander, so dass die Funken stoben. Algondos<br />
Klinge zerbrach, und mit ungläubigem Blick sah der Pirat seiner zu Boden fallenden Klinge hinterher, während er<br />
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