Das Gold von Maraskan - Darpatien
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VI. Kapitel: Unter Schmugglern und Freischärlern<br />
"Was glaubst du, befindet sich in den Krügen?" Alrik hatte eine Fackel entzündet - sein Rucksack scheint<br />
unerschöpflich zu sein, dachte Alvan - und leuchtete über die Amphoren hinweg, die wie die Terrakotta-Armee<br />
eines mumifizierten Echsenherrschers oder alttulamidische Kanopenkrüge in Reih und Glied in der kleinen<br />
Sandsteinhöhle standen.<br />
"Aranischer Rotweinwein, Duftöl, Parfüm und ein wenig Rauschkraut, würde ich sagen. Alles, was man als<br />
Söldner in Jergan ebenso braucht." Die Edle <strong>von</strong> Nordenheim strich sich über ihren verschorften Schädel, wo<br />
mittlerweile wieder die ersten Stoppeln zu sprießen begannen. Aber noch immer schmerzte der eine oder andere<br />
Schnitt, der tiefer gegangen war.<br />
"Ihr habt eine feine Nase." Der Baron löschte die Fackel wieder, in dem er sie über den nassen Flugsand verteilte,<br />
den der Ostwind über den Höhlenboden verteilt hatte. "Ich rieche kaum mehr als Salz und Algen."<br />
"Meine Mutter ist eine Elfe. Von der habe ich das Näschen." Alvan musterte den Friedwanger. Er hatte in den<br />
letzen Tagen etwas abgenommen - kein Wunder bei den Strapazen. Der Dreitagebart gab ihm ebenso wie seinen<br />
schwarzen, schulterlangen Haaren und der Augenklappe etwas Verwegenes.<br />
"Sehr hübsch - die Nase." Alrik sah die Halbelfe durchdringen an. Alvan spürte, wie sie ein leichter Schauer<br />
durchlief. Dann straffte sie sich wieder.<br />
"Aber auch nur die." Erneut strich sie sich über ihren kahlen Schädel.<br />
"Nun komm schon." Der Baron lächelte aufmunternd. "Die Haare wachsen wieder nach." Die Edle schüttelte fahrig<br />
den Kopf. Ja, die Haare würden wieder nachwachsen. Aber die anderen Verletzungen würden bleiben. Alvan spürte<br />
wie Alriks Blick über ihre Brüste glitt. Verfluchtes Oron!<br />
"Wir sollten besser zu den anderen zurück kehren" Sie ging nach draußen und blinzelte in die warme<br />
Vormittagssonne, die den weißen Strand in ein helles Licht tauchte. <strong>Das</strong> geheimnisvoll glitzernde Perlenmeer<br />
rauschte gegen den Sand, knisterte und schäumte. Möwen schaukelten kreischend im Ostwind, der weiße<br />
Sandkörnchen über das Strandgras stäubte. Gunelde, Hesindian und Meister Selbfried schliefen noch immer<br />
unterhalb der Böschung, im Schatten einer felsigen Steilwand. Sigismund lag draußen in der Brandung und ließ<br />
sich <strong>von</strong> den Wellen umspülen.<br />
"Er sollte nicht so lange da draußen herum plantschen." Alrik war neben die Halbelfe getreten. "Im Perlenmeer gab<br />
es schon früher Tierchen, die es gar nicht mögen, wenn man ihnen auf den Kopf tritt." Obwohl die Sonne warm<br />
und hell vom Himmel schien, schlang Alvan ihren Umhang fester um ihre Schulter. "Er fühlt sich eben schmutzig",<br />
murmelte sie. "Kann ich verstehen..."<br />
Alrik sah zu der kleinen Landzunge hinüber, hinter der Elburum lag. "Trotzdem, wir sind hier nicht zur<br />
Sommerfrische. Auch wenn der Ort hier wirklich lauschig ist."<br />
Alvan nickte und ließ sich dann im Sand nieder, wo Alrik seinen Mantel ausgebreitet hatte. Der Baron tat es ihr<br />
gleich. Die Edle nahm den tulamidischen Reiterbogen an sich, den sie einem der toten Gardisten abgenommen<br />
hatte, als Ersatz für ihren zerbrochenen Kurzbogen. Zum Glück war ihr Gegner nicht mehr dazu gekommen, die<br />
Waffe zu spannen, denn es handelte sich bei ihr wirklich um beste aranische Bognerarbeit. Sie nahm einen Pfeil aus<br />
dem bunt bestickten Köcher und zielte zur Probe auf den kleinen Pfad zwischen den Felsen, den sie vor ein paar<br />
Stunden herunter gekommen waren. Ihre Pferde kauten an ein paar Büscheln Gras, die dort zwischen den Dünen<br />
und den Felsen wuchsen.<br />
Nach einigen Stunden Herumirren auf Feldwegen, zwischen Äckern mit Winterweizen und einsamen Gehöften,<br />
hatten sie schließlich die Straße nach Llanka erreicht und waren <strong>von</strong> dort querfeldein zur Küste geritten. Die<br />
Bucht, wo heute Nacht die maraskanischen Schmuggler landen sollten, zu finden, war nicht sonderlich schwer<br />
gewesen. Die Küste war hier ziemlich gerade, die kleine Ausbuchtung hier die einzige geschützte Stelle, wo man<br />
unbehelligt <strong>von</strong> Blicken und schwerer See anlanden konnte. Gerade eben hatten sie die Höhle mit dem<br />
Schmugglergut gefunden, die ihnen zeigte, dass sie sich tatsächlich am richtigen Ort befanden.<br />
Alvan erinnerte sich daran, was ihr Ruramid über den Kapitän der Nachtwind gesagt hatte. Vegsziber<br />
Sturmfeschijn war ein ziemlich übler Bursche, nicht unbedingt das Idealbild des maraskanischen<br />
Freiheitskämpfers, sondern ein skrupelloser Geschäftsmann, der vor allem auf das schnelle Geld aus war.<br />
Immerhin, mit seinem Schmuggel schadete er der Fürstkomturei, mehr noch, untergrub sein florierender Export<br />
<strong>von</strong> Rauschgurken nach Oron auch die Moral der dortigen Kämpfer. Alvan musste lächeln. Zumindest auf die<br />
Kampfmoral der kaiserlichen Soldaten vor Boran hatten diese wahrlich berauschenden Früchte eine verheerende<br />
Wirkung gezeigt. Ob dieser Sturmfeschijn mit dem mittelreichischen Adelshaus Sturmfels verwandt war? <strong>Das</strong> hatte<br />
ja überall seine Ableger. Andererseits hatte sie schon die merkwürdigsten maraskanischen Namen gehört.<br />
Vegsziber würde sicherlich nicht begeistert sein, in seinem Versteck Fremde vorzufinden. Immerhin, Ruramid hatte<br />
ihr ein geheimes Zeichen verraten, das sein Misstrauen hoffentlich besänftigen würde. Leise pfiff sie das Jerganer<br />
Rebellenliedchen, das die Erkennungsmelodie der Schmuggler war. Sie hätte gerne gewusst, inwieweit auch<br />
Ruramid in die Sache verstrickt war. Der Fischer, bei dem sie sich gestern getroffen hatten, auf jeden Fall. Alvan<br />
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