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Das Gold von Maraskan - Darpatien

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„Herrin, verzeiht...“ Ein Klopfen an der Tür ließ Alvan hochblicken. Nach einem knappen „Herein“ betrat einer<br />

ihrer Knechte die Stube, dessen gewichtiger Körper die <strong>von</strong> Holzwürmern zerfressenen Dielenbohlen knacken und<br />

knarren ließ. Wie alt die schweren Holzbalken und Bohlen aus dem Schratenwald wohl sein mochten? Gut<br />

Belenburg machte den Eindruck, als habe Satinav es schon vor Jahrhunderten in seinem ursprünglichen Zustand<br />

eingefroren.<br />

„Was ist?“ etwas herrischer als sie beabsichtigt hatte sah die Baernfarn den bärtigen Schwarzsichler an. Nein, es<br />

war keineswegs falsch, gegenüber dem Gesinde die Edelfrau heraus zu kehren, auch wenn ihr als weitgereister<br />

Abenteurerin diese Maskerade etwas unangenehm war. Sofort stand der <strong>von</strong> seinen Eltern mit dem Namen Helme<br />

gestrafte Mann stramm.<br />

„Verzeiht, Euer Wohlgeboren. Aber es wird bald einen Gallysard geben.“<br />

Alvan schmunzelte. „Einen Blizzard, meinst Du wohl.“ <strong>Das</strong>s die Friedwangen immer alles Schädliche mit dem<br />

Namen Gallys in Verbindung bringen mussten. „Ja, dass ein Schneesturm im Anmarsch ist habe ich bereits<br />

bemerkt. Die Narben schmerzen schon seit...“ die Edle räusperte sich. Sie wollte nicht wehleidig klingen, auch<br />

wenn sich vor allem die schwere Wunde aus dem Khomkrieg unangenehm ins Gedächtnis rief.<br />

„Es ist nicht die Weiße Frau, die mir Sorgen bereitet. Dieser Gutshof hat schon einige Schneestürme überstanden,<br />

auch wenn´s diesmal besonders heftig zu werden scheint. Sagt zumindest der alte Travin, und der muss es wissen.<br />

Acht Reto zum Beispiel...“<br />

„Schon gut, acht Reto ist lange her.“ Alvan ließ ihre Stimme ungeduldig klingen. „Also, was gibt es?“<br />

Einige rasch dahinschmelzende Schneeflocken auf den breiten Schultern des Knechts verrieten, dass er noch vor<br />

kurzem im Freien gewesen war. „Gerade eben kam ein Reiter <strong>von</strong> Jork her. Ein Kaiserlicher auf Heimaturlaub –<br />

nach Giessenborn wollte er. Sah aus wie der Herr Firun selbst, der Bart war ganz vereist. Hinter ihm kam es noch<br />

dicker. Sah wirklich übel aus, bei der Heiligen Artema...“<br />

„Schon gut. <strong>Das</strong>s es übel wird wissen wir ja nun. Ich nehme an, dass Xavert und die anderen die Häuser und den<br />

Stall schon verbarrikadiert haben...“<br />

„So ist es, Euer Wohlgeboren. Der Reiter also kam im gestreckten Galopp hierher. <strong>Das</strong> Pferd war völlig fertig<br />

wegen dem vielen Schnee auf dem Weg <strong>von</strong> Jork. Ich dachte erst, der wollte bei uns um Gastung bitten, aber er ist<br />

dann doch weiter in die Alte Brücke. Aber ein paar Worte habe ich doch mit dem Burschen gewechselt. Vom Krieg<br />

gibt es nicht viel neues, nur im Tobrischen, am Kleinwardstein, wird gekämpft, heißt es.“<br />

„Bei der Schönheit der Welt, ich liebe zwar spannende Geschichten am Kaminfeuer, aber du musst nicht<br />

übertreiben. Also was gibt es nun?“<br />

„Verzeiht, Herrin. Der Gardist ist heute Mittag mit dem Pferd aus Jork aufgebrochen. Der Weg war völlig<br />

menschenleer, bis auf eine Wanderin zu Fuß. Die wollte nach Nordenheim, wie er. Und da die bis jetzt noch nicht<br />

hier eingetroffen ist... Ich meine, wegen dem Schneesturm. Wäre nicht das erste mal, dass sich da draußen jemand<br />

verirrt und... Die Eisfee hat schon so manchen in ihr kaltes Bett geholt... Wie gesagt, das ist schon eine Stunde her,<br />

und langsam wird es ungemütlich in der Heide...“<br />

Alvan nickte. „Ich verstehe, Du meinst man sollte nach ihr suchen lassen?“<br />

„Hm, ja, zwischen hier und Jork gibt es keine Gelegenheit mehr, irgendwo unterzukriechen. Man sieht auch kaum<br />

noch den Weg. Dann die vielen Drôlinen und Spalten... Ich würde sagen, Firun meint es nicht gut mit ihr. Mit<br />

diesem Schneesturm konnte aber auch niemand rechnen. Jedenfalls, wenn wir Leute raus schicken, um sie zu<br />

suchen, dann wird das ebenfalls kein Siruplecken. Ich weiß auch nicht, was man da machen kann.“ Helme sah die<br />

Gutsherrin erwartungsvoll an.<br />

Tja, der Gallysard, dachte Alvan. So ein Schneesturm kommt immer dann auf, wenn feuchte kalte Luftmassen vom<br />

Golf <strong>von</strong> Perricum nordwestlich ziehen. <strong>Das</strong> Darpattal aufwärts, über Niederdarpatien hinweg, bietet sich dem<br />

Wind kaum Widerstand, so dass sich Bruder Firuns und Bruder Efferds ungezügelter Zorn auf die Schwarze Sichel<br />

hin entladen können. Und für die Friedwangen heißt dies, dass der Wind halt aus Richtung Gallys kommt. Äußerst<br />

unangenehmes Wetter, das hier am Südrand der Sichel sein kaltes Element zeigt. Nicht zuletzt auch, weil seit dem<br />

Fall <strong>Maraskan</strong>s und dem Verderben der Blutigen See immer der Geruch <strong>von</strong> Tod in der Luft vorhanden ist. Alvan<br />

schauderte. Wie mochte es derzeit auf der Insel im Osten, mit der sie ihr Schicksal verband, aussehen? Alvan schob<br />

den unangenehmen Gedanken beiseite, denn es galt jetzt zu handeln. Der Knecht erwartete eine klare Anweisung,<br />

was zu tun sei. Alvan erteilte nicht gern Befehle, aber sie hatte in leidvoller Erfahrung gelernt, dass man sie als<br />

Edle nicht ernst nahm, wenn sie lediglich eine Bitte aussprach. Zugleich wusste sie, dass sie, wenn sie den Befehl<br />

gab, nach der Geweihten zu suchen, möglicherweise ihre Leute in den Tod schickte. Es war ein wagemutiges<br />

Unterfangen für einen Bauern, sich bei einem solchen Blizzard aus dem sicheren Dorf zu entfernen.<br />

"Wir können eine menschliche Seele nicht in der Kälte umher irren lassen. Es ist unsere Pflicht, Ihr Hilfe zu leisten,<br />

soweit wir dies vermögen."<br />

Der Knecht schauderte. Insgeheim hatte er gehofft, dass die Gutsherrin entschied, man könne der Geweihten nicht<br />

helfen, auch wenn er selbst nicht so recht erwartet hatte, dass die Halbelfe einfach abwartete. Sie wäre nicht die<br />

Tochter Odilons, würde sie einfach die Hände in den Schoß legen wenn eine Seele in Not ist.<br />

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