Das Gold von Maraskan - Darpatien
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Wasser und die Dunkelheit der Nacht zu sehen. Selbst Alvans scharfe Augen konnten kaum mehr entdecken. Kein<br />
Wunder, das Schmugglerschiff machte mit den schwarzen Planken und Segeln seinem Namen alle Ehre.<br />
"Ach du Scheiße... jetzt haben wir das Schiff auch noch verloren!" stöhnte Sigismund, der aussah, als wolle er in<br />
seiner Angst über Bord springen. "So eine beschissene Wahnsinnsidee!"<br />
"Halt einfach die Klappe!" fauchte Alvan. Sie zog ihren Riemen ein und ging zum Heck, wo unter einer Ruderbank<br />
eine Kiste stand.<br />
"Was hast du vor", fragte ihr Vater.<br />
"Eine Laterne anzünden. Damit uns Vegsziber wiederfindet." Aber in der Truhe war keine Laterne. Genau<br />
genommen war sie leer. Nicht einmal Proviant, dachte Alvan... Wenn wir jetzt mehrere Tage auf See herumirren,<br />
wird es böse. Nur nicht gleich an das Schlimmste denken, dachte sie.<br />
"Die verdammte Kiste ist leer!" fauchte sie und schlug den Deckel zu. Sie zeigte hier mehr Nerven, als sie<br />
eigentlich beabsichtigt hatte.<br />
"Hat jemand Fackeln dabei?" Aber dies war nicht der Fall. Sie spähten in die Nacht, lauschten. Nichts außer<br />
Rauschen, Gurgeln, Klatschen. Auch <strong>von</strong> dem grünen Leuchten der Fran-Horas war nichts zu sehen.<br />
"Nun gut, wenigstens sind wir jetzt vom Schiff weg!" Alrik grinste schief.<br />
"Vegsziber wird sich schön freuen: Sein Boot ist weg, wir sind weg und die vielen schönen Dukkern auch!"<br />
"Prächtig, wirklich prächtig!" Auch Odilons Nerven lagen blank, der Lautstärke seiner Stimme nach zu urteilen:<br />
"Wir treiben mitten auf dem <strong>Maraskan</strong>sund, keine Spur <strong>von</strong> Gunelde. Wir haben keinen Proviant, und..." Hilflos<br />
ballte der Waldläufer seine Faust. "Hast du irgendeinen blassen Schimmer, wo wir uns gerade befinden, Alvan?"<br />
"Ich habe die Stelle auf der Karte gesehen" antwortete Hesindian anstelle der Elfe. "Bis zur maraskanischen Küste<br />
sind es mindestens dreißig Meilen. Richtung Südosten."<br />
"Südosten." Odilon spähte zu den Sternen. "<strong>Das</strong> ist da drüben" entschied er dann und wies in die Schwärze.<br />
"Dreißig Meilen sind gar nicht so viel. <strong>Das</strong> könnten wir is morgen Abend schaffen."<br />
"Der Wind ist ablandig und die Strömung trägt uns in den <strong>Maraskan</strong>sund hinaus. <strong>Das</strong> wird übel..."<br />
"Scheiße, wer hat eigentlich die verdammte Idee gehabt, <strong>von</strong> der Nachtwind weg zu fahren?" Sigismunds Stimme<br />
klang schrill. "Gunelde war doch eh´ nicht mehr zu retten. Jetzt sind wir alle verloren."<br />
"Niemand ist verloren, bevor er sich nicht selbst aufgibt." Selbfried klang durchaus zuversichtlich. "In einer Stunde<br />
wird wieder Herr Praios über uns wachen." Tatsächlich, <strong>von</strong> Osten her war das Morgengrauen schon zu erahnen.<br />
Noch einmal hielten sie Ausschau nach der Nachtwind, riefen und schrieen. Es war wie verhext. <strong>Das</strong><br />
Schmugglerschiff schien ebenso <strong>von</strong> der Wasseroberfläche verschwunden zu sein wie die Fran-Horas.<br />
Sie ruderten in Richtung Südosten, gegen den hohen Wellengang an. Aber in den Pausen, die sie einlegen mussten,<br />
wurden sie tatsächlich immer wieder zurückgetrieben. Die Stunden krochen dahin. Langsam wurde es hell. Einer<br />
Feuerkugel gleich stieg Praios Schild aus dem Perlenmeer, mit atemberaubender Geschwindigkeit. Eine dünne<br />
Linie markierte den Horizont. War dies eine tiefhängende Wolkendecke oder tatsächlich <strong>Maraskan</strong>? Weit und breit<br />
kein zweites Segel zu sehen. Sie waren allein.<br />
Nun, am Morgen, beruhigte sich das Meer etwas. Aber dafür brannte die Sonne mit großer Gewalt auf die fünf<br />
Gefährten in ihrer Nussschale herab. An unununterbrochenes Rudern war bald nicht mehr zu denken. Immerhin<br />
war die Drift nur noch schwach, auch wenn sie immer noch aufs offene Meer hinaus führte.<br />
Sie improvisierten aus ihren Mänteln und den Riemen einen primitiven Sonnenschutz. Der Baron hatte noch ein<br />
wenig Proviant und etwas Wasser bei sich, das ihr karges Frühstück bildete. Alrik zog eine Angelschnur hervor,<br />
befestigte ein Stück Zwieback daran und warf sie über die Reling. Nach einiger Zeit zappelte etwas am anderen<br />
Ende. Eine kleine Gnitze, immerhin.<br />
"Was wollt ihr jetzt damit machen? Ihr könnt sie doch unmöglich roh essen." Angewidert sah Selbfried auf den<br />
zappelnden Fisch. Alrik schlug das Tier mit dem Kopf voran gegen die Bordwand, zog ein Messer hervor und<br />
weidete den kleinen Fisch aus. Dann warf er ein Stück <strong>von</strong> den Innereien am Angelhaken wieder über die Reling.<br />
Schließlich machte er sich daran, die leere Kiste zu bearbeiten. Er zerschlug den Deckel mit einem Entermesser,<br />
schnitt die großen Trümmer zu feinen Spänen und füllte damit die Truhe. Dann legte er einen kleinen Vorrat an<br />
Holz daneben. Schließlich riss er mehrere unbeschriebene Seiten aus Alborans Tagebuch und fügte sie dem<br />
Brennmaterial bei. Es dauerte eine Weile, bis ein erneutes Zucken der Leine verriet, dass erneut ein Fisch<br />
angebissen hatte. Eine Makrele, diesmal bereits deutlich größer. Alrik wiederholte die Prozedur und warf erneut<br />
seine Angel aus.<br />
Die Stunden verrannen. Sie lösten sich mit dem Rudern in Zweierschichten ab und kamen, so schien es zumindest,<br />
gut voran. Die schwarze Linie am Horizont war, so schien es, tatsächlich Land. <strong>Maraskan</strong>... Dennoch hatte es etwas<br />
Entmutigendes, einen Schemen anzusteuern halten, der auch nach einem halben Tag keine klaren Konturen erhielt.<br />
Gegen Mittag lag ein Vorrat <strong>von</strong> vier kleinen und drei größeren Fischen auf Alriks Ruderbank. Es dauerte eine<br />
Weile, bis in der eisenbeschlagenen Kiste ein kleines Feuer brannte. Es war bereits früher Nachmittag, als sie mit<br />
ihrer Mahlzeit beginnen konnten. Kein Festmahl, aber im Anbetracht der Umstände weitaus besser als gar nichts...<br />
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