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Das Gold von Maraskan - Darpatien

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Auch der Barönliche Forstwart, der Jäger in der Schwarzen Hütte, wie er auch genannt wurde, war mit <strong>von</strong> der<br />

Partie. Einen Moment lang musste die Edle schmunzeln. Damian Firunsdank war nicht unbedingt ein gewöhnlicher<br />

Vertreter seines Standes - wenn er einmal zu reden begonnen hatte, hörte er so schnell nicht mehr auf. Es gab das<br />

Gerücht, dass er als Kind in Quasselwurzelabsud gefallen sei, andere behaupteten, dass er im Schratenwald einmal<br />

einem gehässigen Kobold begegnet sei, der ihm die Schwatzwut angehext habe. Wie auch immer, selbst<br />

Firunsdank war ob der tobenden Naturgewalten schweigsam wie ein Borongeweihter.<br />

Alvans Blick glitt weiter zu einem hübschen, braunhaarigen Mädchen, dessen Pelzumhang mit auffallend bunten,<br />

firungefälligen Stickereien übersät war: Missila, die Novizin des Firuntempels. Der Geweihte würde den Suchtrupp<br />

also nicht selbst begleiten. Im Grunde hatte Alvan nichts anderes erwartet. Der Firungeweihte war der Ansicht,<br />

dass jemand, der sich der Natur nicht selbst erwehren konnte, keine fremde Hilfe erwarten durfte. Firun tötete eben<br />

alles Schwache und Lebensunfähige. So gesehen war es noch sehr entgegenkommend <strong>von</strong> Erttelgrimm, dass er<br />

überhaupt jemanden geschickt hatte.<br />

Die bäuerlich wirkende Frau hinter Missila kannte Alvan nur vom Sehen, sie sah aber ganz zuverlässig aus. Einen<br />

Elfen konnte sie nicht entdecken, was bedauerlich war, denn Magie hätte die Suche um einiges erleichtert. Aber das<br />

Alte Volk hatte sich nach dem Massaker <strong>von</strong> Loskarnossa selbst in der Nordenheimer Gegend rar gemacht.<br />

Die Gesichter sahen sie erwartungsvoll an, und Alvan überlegte sich, was sie den Leuten sagen sollte. Viel zu reden<br />

gab es eigentlich nicht, die Situation war offensichtlich. Irgendwo an einem Nebengebäude knallte ein<br />

Fensterladen, der sich losgerissen hatte, in einem düsteren Takt gegen die Wand - es klang wie die Trommel auf<br />

dem Gang zur Hinrichtung.<br />

"Ich danke euch, dass Ihr meiner Bitte gefolgt seid. Da draußen... ah, dieses verfluchte Ding. Helme, sieh nach, ob<br />

du den Laden wieder irgendwie fest kriegst. Danach hilfst du oben beim Feuer - bring ihnen das restliche<br />

Lampenöl, sonst werden sie es wohl nicht zum Brennen bringen."<br />

Der Knecht, dankbar, nicht mit hinaus in die weiße Hölle geschickt zu werden, machte sich mit einem knappen<br />

Nicken da<strong>von</strong>. Nun wandte sich die Edle wieder dem Trupp zu. Fünf Bündel lagen auf dem Tisch - das bedeutete,<br />

dass einer zu viel war. "Alwin, du bleibst hier" entschied sie kurzentschlossen und wies auf den jüngeren der<br />

beiden Hirsbachs. In dessen Gesicht machte sich fast so etwas wie Empörung breit.<br />

"Ich danke dir für deine Hilfsbereitschaft, aber wir haben nur Ausrüstung für fünf." Nein, es war besser, wenn<br />

lediglich Randolf, der Ältere und Erfahrenere sie begleiten würde. Der alte Hirsbach hatte nur noch seine zwei<br />

Söhne, nachdem die übrigen Kinder dem Krieg und der Seuche zum Opfer gefallen waren. Er sollte im<br />

schlimmsten Fall nicht beide verlieren. . .<br />

"Nun denn. Die Zeit drängt. Lasst uns jetzt aufbrechen. Missila, könntest du für uns ein Gebet sprechen? "<br />

Die Novizin nickte und schlug das Zeichen des Bogens. "Firun, Weißer Jäger, wir bitten dich, steh uns bei und<br />

verschone uns und die geweihte Frau vor deinem Zorn." Auch die übrigen Nordenheimer zeichneten das<br />

Firnszeichen in die Luft, murmelten leise Gebete. Nach einer strengen Ermahnung der Gutsherrin, eng hinter<br />

einander zu bleiben, gingen die fünf nach draußen...<br />

Wie eine Faustkämpferin, die schon in der ersten Runde <strong>von</strong> einem überlegenen Gegner mit Fausthieben<br />

überschüttet wurde, prallte Alvan vor dem Toben der Elemente zurück. Binnen Herzschlägen hatte die sewerische<br />

Kälte ihren Mantel und den Wams durchdrungen und begann, ihre Glieder zu martern. Wie Hagel schlug der<br />

fauchende Schnee in ihre Wangen, die zum Glück schon nach wenigen Augenblicken steifgefroren waren und<br />

kaum noch Schmerzen empfanden. Wie ein Frostwurm, wie ein einziger gigantischer Eisdrache kam ihr diese<br />

Urgewalt <strong>von</strong> Sturm vor.<br />

Halbblind, Schritt vor Schritt, stapfte die Gruppe in den Gallysard hinein. Der Schnee roch nach kaltem Tod und<br />

Verwesung, wie ein fäulnisgetränktes Leichentuch, dass man immer wieder ins Gesicht geschlagen bekam.<br />

Mund und Nase mit einem Schal vermummt, die eisumrandeten Augen mit der Hand bedeckt, sah sich Alvan um.<br />

Nordenheim auf der anderen Seite des Jargel war kaum noch als Schattenriß zu erahnen und sah zwischen den<br />

wirbelnden Schneemassen aus wie ein letzter Außenposten der Zivilisation irgendwo am Rande der Brecheisbucht.<br />

<strong>Das</strong> Feuer auf dem Turm brannte noch immer nicht, aber darauf konnte Alvan nicht warten.<br />

Im Grunde gab es jetzt schon kaum Hoffnung, dass die Perainegeweihte noch lebte, es sei denn, sie trug winterfeste<br />

Kleidung, womit ob des freundlichen Wetters der letzten Tage aber nicht zu rechnen war.<br />

Die Baernfarn gab einen Wink, und ihre Begleiter stapften weiter voran. Im Grunde war die Orientierung gar nicht<br />

einmal so schwer - man musste sich immer nur geradewegs in den peitschenden Schnee vorkämpfen, der ja fast<br />

direkt aus Richtung Jork kam - aber der Gedanke an die vielen Löcher und Spalten zu beiden Seiten der<br />

Landstrasse machten Alvan doch einige Sorgen. Nur nicht allzu sehr vom Weg abkommen. . .<br />

Die Zeit verstrich, aber Alvan verlor bald ebenso jedes Gefühl für Satinavs Element, wie sie auch ihre Glieder<br />

kaum noch spürte. Irgendwie kam sie sich vor wie eine durchgeschüttelte Figur in einer dieser mit<br />

schneeähnlichem Pulver gefüllten Glaskugeln, die sie einmal in der Auslage eines Spielzeugladens gesehen hatte.<br />

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