Das Gold von Maraskan - Darpatien
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"Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung. Offenbar hat mich das Mistvieh übel geblendet, als ich ihr mit Wandelur<br />
den Stachel abgeschlagen hatte. Behauptet zumindest dieser maraskanische Rebell. Wie hieß er noch gleich?"<br />
"Rurmanjinn." schlug Selbfried vor.<br />
"Wenn Ihr das sagt. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass ich, Odilon Wildgrimm der Schwarze Bär,<br />
vergessen haben soll, was passiert, wenn man einer Maraske den Stachel abschlägt: <strong>Das</strong> ganze Gift spritzt in der<br />
Gegend herum."<br />
"Jedenfalls war die Maraske ohne Stachel ungefährlich. Vielleicht wusstest du, dass du dich mit dem Talued-<br />
Wasser heilen konntest?" meldete sich Alvan zu Wort.<br />
"Vielleicht. Ich hab´s vergessen." Odilon machte eine wegwerfende Handbewegung.<br />
"Ach, du bist eben unser Held. Opferst dich für uns alle." Die Edle <strong>von</strong> Nordenheim drückte ihrem Vater einen<br />
Kuss auf die Stirn.<br />
"Papa ist der Größte, wie?" Odilon grinste schief. Alvan sagte nichts. Vielleicht war es gut, dass ihre Gefährten die<br />
Ereignisse der letzten Stunden vergessen hatten. So konnten sie jedenfalls niemandem <strong>von</strong> dem Tonkrug berichten.<br />
"Jedenfalls ist der Maraskenstachel ein schönes Andenken. Ich denke, er wird sich gut machen über den Kamin <strong>von</strong><br />
Burg Gallys. Und Du willst wirklich noch aufbrechen zu Deinen exilmaraskanischen Freunden?" fügte Odilon<br />
etwas leiser hinzu.<br />
"Ja, Vater. Ich muss."<br />
"Nun denn. Wenn du es sagst, dann weiß ich, dass es nötig ist."<br />
Alvan ließ vor ihrem geistigen Auge noch einmal die Ereignisse der letzten Stunden auf <strong>Maraskan</strong> vorüber ziehen.<br />
Es war eigenartig. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie die tote Andromejia gefunden hatten und die Maraske<br />
erblickten war die Erinnerung ihrer Gefährten völlig klar. Aber alles, was seitdem geschehen war bis zu dem<br />
Augenblick, in dem sie an Bord der Nachtwind gingen, war ihnen hinter einer Wand aus undurchdringlichem Nebel<br />
verborgen. Und dabei hatten sie ja noch Glück gehabt. Sie waren kaum verletzt und hatte offenbar nur wenig <strong>von</strong><br />
dem Heiligen Wasser getrunken. Abgesehen <strong>von</strong> Hesindian, der hatte ja seine Erinnerung an die gesamte Reise<br />
verloren. Gunelde, Alrik und Odilon hatten zumindest mehr vergessen als sie. Allein wie es um den Inquisitor stand<br />
wusste sie nicht. Meister Selbfried hatte sich nichts anmerken lassen, wenn er etwas vergessen hatte. Vielleicht<br />
aber war er ja auch gar nicht <strong>von</strong> dem Vergessen betroffen, vielleicht hatte er gar nichts <strong>von</strong> dem Wasser<br />
getrunken. Sie wusste es nicht. Aber sie wollte auch nicht das Risiko eingehen, ihn misstrauisch zu machen, in dem<br />
sie ihm Fragen stellte.<br />
Allein ihre eigene Erinnerung war ungetrübt geblieben.<br />
Der Krug. Sie hoffte nur, dass es niemandem aufgefallen war, wie sehr sie auf den Krug acht gegeben hatte.<br />
Schließlich sollte er ja als wertlos gelten, als reines Ablenkungsmanöver. So hatte sie es ja zu den Rebellen und<br />
auch den Piraten gesagt. Alle sollten da<strong>von</strong> ausgehen, das heilige Wasser werde <strong>von</strong> <strong>Maraskan</strong> fort geschafft,<br />
während es noch auf der Insel weilte und den Sira Jerganak beizeiten gute Dienste leisten würde. Niemand durfte<br />
wissen, dass es um etwas gänzlich anderes ging als allein um das Talued-Wasser.<br />
Da kam Alvan ein tröstlicher Gedanke. Vielleicht diente Marajins Tod auf diese Weise der Welt, dass nun niemand<br />
mehr auf <strong>Maraskan</strong> wusste, was wirklich mit dem Schatz im Tal der Glühwürmchen geschehen war, und somit<br />
niemand etwas verraten konnte. Andromejia war tot, Mercurio war tot, und ihre Gefährten hatten die Erinnerung<br />
verloren. Rurmanjinn hingegen würde da<strong>von</strong> ausgehen, dass er den Schatz in Händen hielt, weil er nichts anderes<br />
als Wasser, schlicht und einfach Talued-Wasser, enthalten hatte. Mal abgesehen <strong>von</strong> ein paar Edelsteinen, die aber<br />
den Schmugglern zugefallen waren. Jedenfalls würde niemand mehr an den mit Salzwasser gefüllten Krug denken.<br />
<strong>Das</strong> war wohl die beste Tarnung eines Schatzes, dass alle etwas völlig Unwahres für die Wahrheit hielten. So<br />
konnte sie ungefährdet den eigentlichen Schatz nach Asboran bringen.<br />
Nagut, sie wusste nicht sicher, was der Krug barg. Dazu hätte sie den Krug ja zerbrechen müssen, um nachzusehen,<br />
was im dicken Boden und in den dicken Wänden verborgen war. <strong>Das</strong> aber würde Alvan nicht tun dürfen. Nicht<br />
bevor sie in Asboran eingetroffen war. Aber sie war sich ihrer Vermutung sehr sicher. Es passte einfach zu gut<br />
zusammen. Wenn an sich schon sehr wertvolles Talued-Wasser die Tarnung für den eigentlichen Schatz des<br />
Jerganer Tempels war, dann musste der Schatz selbst etwas noch viel wertvolleres sein. Kostbarer als <strong>Gold</strong> und<br />
Edelsteine. Und was konnte noch so viel wertvoller sein als vielleicht ein magisches Metall? Die Geschichte, dass<br />
Rebellen während der Zeit der Besatzung durch die Garethjas kostbarstes Endurium erbeutet hatten war oft genug<br />
zu hören in <strong>Maraskan</strong>. Wie üblich gab es mehr als ein Dutzend verschiedene Erzählungen darüber, die alle mehr<br />
Dichtung als Wahrheit enthielten. Aber da sie in jenen Tagen selbst auf <strong>Maraskan</strong> gewesen war wusste sie, dass das<br />
erbeutete Endurium nicht im Spiel verloren, im Dschungel verschollen oder in Tuzak vergraben war wie die<br />
verschiedenen Geschichten einem Glauben machen wollten, sondern dass es der Obhut der Priesterschaft der<br />
Zwillinge übergeben worden war. Aber auch unter den Priestern wussten nur wenige da<strong>von</strong>. Vielleicht hatte Rur<br />
deshalb diese Aufgabe für sie ausgesucht, weil sie darum wusste und daher auf den Gedanken gekommen war, den<br />
Krug nach Asboran zu bringen.<br />
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