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Das Gold von Maraskan - Darpatien

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einem neuen Leib etwas Verlockendes innewohnt. In Friedwang hätte ich solche Gedanken sicherlich als närrisch<br />

verlacht, aber hier, im Dschungel, unter südlichen Sternen und mit dem Gift einer Noralec-Otter im Blut, kommen<br />

sie mir beinahe schon vernünftig und naheliegend vor. Die Vorstellung, auf einer gewaltigen Scheibe durch das<br />

endlose, sternenklare Weltall zu fliegen, hat ebenfalls etwas Faszinierendes an sich. Ich beschließe, wenigstens für<br />

die heutige Nacht, da das Lagerfeuer bis in den Himmel brennt, die Glühwürmchen mich etwas <strong>von</strong> meinen trüben<br />

Gedanken ablenken und die Offenbarung der Zwillinge Herz und Seele wärmt, an die Göttlichen<br />

Brüderschwestern, den Weltendiskus sowie die Schönheit des blau-grünen Adergeflechts an meinem rechten Fuß<br />

zu glauben...“<br />

Damit endeten die Eintragungen. Der zunehmend unregelmäßig werdenden Schrift nach zu urteilen, meinte<br />

Alboran mit der „Offenbarung der Zwillinge“ den gleichnamigen Rum, aber der Baron schien auch Interesse am<br />

Rur-und-Gror-Glauben gefunden zu haben. Alvan kannte die Dienerschaft Rurs und Gror; es war ihnen ein<br />

leichtes, mit einigen beiläufigen Bemerkungen Zweifel an einer bisherigen Weltsicht zu wecken und die ihrige als<br />

die einzig wahre erscheinen zu lassen. Dieser Marajin <strong>von</strong> Jergan war diesbezüglich wohl keine Ausnahme<br />

gewesen. Alvan musste schmunzeln. Natürlich hatte der kein blaues Blut in den Adern: Viele <strong>Maraskan</strong>er<br />

benannten sich nach ihrem Herkunftsort und Blondhaarige gab es unter ihnen ebenfalls mehr, als es die Garethjas<br />

für möglich hielten. Aber der Priester, so er noch am Leben war, konnte sie vielleicht zum Grab des Barons führen<br />

– 6 vor Hal schien er jedenfalls noch ein junger Mann gewesen zu sein, wenn ihn der Baron „Bursche“ nannte.<br />

Marajin war auf der Insel zwar ein Allerweltsname, aber <strong>Maraskan</strong> im Grunde ein großes Dorf, so dass dort<br />

sicherlich irgendetwas über dessen weiteres Schicksal bekannt war. Die Wurfscheibe und seine Ansichten deuteten<br />

daraufhin, dass er zu der Sekte der Eukolizana gehörte, die in der Schlacht <strong>von</strong> Hemandu völlig aufgerieben<br />

worden war – Alvan traute einem <strong>Maraskan</strong>er durchaus die heimtückische Dreistigkeit zu, Mittelreicher in eine<br />

Schlacht zu begleiten, um dort gegen sie zu kämpfen. Aber es war sehr unwahrscheinlich, dass er noch rechtzeitig<br />

dort eingetroffen war – die Schlacht hatte ja bereits am 3. Boron statt gefunden. Umso wahrscheinlicher war es,<br />

dass er noch unter den auf dem Weltendiskus Anwesenden weilte.<br />

Odilon war mit Alrik an Deck gegangen. Mit einem kaum scheinbaren Nicken deutete er dem Streuner an, ihm zu<br />

folgen. Gemeinsam gingen die beiden Männer an die Steuerbordreling. "Der Plan ist schlicht genial, mit den<br />

Piraten nach Jergan zu segeln. Aber er hat einen Haken, der mir mehr als nur schwer im Magen liegt."<br />

"Ja gut, natürlich ist da ein Risiko vorhanden. Wir müssen die anderen Piraten scharf im Auge behalten..."<br />

"<strong>Das</strong> meine ich nicht. Morgen werden die Matrosen der Greif als Sklaven verkauft. Und wir sind dafür<br />

verantwortlich. Vor allem ich bin dafür verantwortlich. Der Inquisitor hatte Recht. Hätte ich wie er es gewollt hätte<br />

mit den Piraten kurzen Prozess gemacht hätten sie die Fran-Horas nicht zurückerobert. Und nun sind rechtschaffene<br />

Matrosen gefangen. Ich allein bin schuld daran und habe das Schicksal der Matrosen zu verantworten. Ich habe mit<br />

meiner Nachgiebigkeit gegenüber übelstem Gesindel zu verantworten, dass ein Dutzend Seeleute ihren Glauben<br />

verraten haben, und dass neun Matrosen gefangen sind und in Llanka auf dem Sklavenmarkt feilgeboten werden."<br />

"Odilon, das hat niemand vorhersehen können. Wir sind alle Menschen mit Moralvorstellungen. Niemand kann es<br />

erwarten, dass Du wehrlose Gefangene tötest."<br />

"Doch. Jetzt erst verstehe ich, was es heißt, Verantwortung zu tragen, wie der Inquisitor sie trägt. Um<br />

Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit zu verbreiten darf man sie mitunter denen nicht gewähren, die sie bedrohen.<br />

Sieh Dir doch an, was das Piratenpack für Unheil verbreitet. Ich hätte die Möglichkeit gehabt, das zu verhindern,<br />

und nun habe ich einundzwanzig Seelen auf dem Gewissen. Ich muss und werde etwas unternehmen. Ich weiß<br />

noch nicht was, vielleicht werde ich heute Nacht einem nach dem anderen auflauern und sie Mann für Mann<br />

niederkämpfen. <strong>Das</strong> schwöre ich Dir, Alrik, gegenüber solch zwölfgötterlosem Gesindel werde ich nicht mehr zu<br />

weich sein."<br />

"Vergiss es, Odilon. Sie werden damit rechnen. He, Odilon, wo bleibt Deine kreative Phase? Hat man Dich nicht<br />

einmal dafür gerühmt, dass Du gegen eine Übermacht stets eine gute List parat hast?"<br />

"Du hast schon Recht, Alrik. Aber ich werde etwas unternehmen. Wenn mir keine andere Kriegslist einfällt werde<br />

ich kämpfen. Aber bis zum Abend sind noch ein paar Stunden Zeit. Vielleicht habe ich noch eine rettende Idee."<br />

"Nein, Odilon. Laß mich nur machen. Du hast in den letzten Tagen genug gekämpft. Jetzt ist die Zeit der Magier<br />

und der Taschenspieler. Und die Zeit der Taktiker und Diplomaten. Mercurio vertraut den Piraten nicht mehr, und<br />

die Piraten ihm vertrauen auch nicht. Würde mich wundern, wenn sich daraus nicht ein Phexenstaler schlagen<br />

ließe. Ha, das wird ein Spaß... Komm mit, und spiele bei unserem folgenden Gespräch mit. Wir werden belauscht<br />

werden." Mit einer deutlich unauffälligen Kopfbewegung, die durch ihre übertrieben wirkende Heimlichkeit<br />

einfach auffallen mußte, deutete er Odilon an, ihm zu folgen. Alrik führte ihn auf den Bugaufbau.<br />

„Hier sind wir ungestört, hier können wir reden.“ begann Alrik. Natürlich waren sie nicht ungestört. Alrik war ganz<br />

bewusst genau über Emporios alte Kabine gegangen, die nunmehr leer stand. Von unten konnte man, wenn man<br />

das Fenster öffnete, genau hören, was oben gesprochen wurde. Alrik war es nicht entgangen, dass Xenia sich wie<br />

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