Das Gold von Maraskan - Darpatien

"Ich...ich lüge nicht... ich wollte mir den Schatz selber unter den Nagel reißen... später... ich habe die Karte bei
einem toten Maraskaner gefunden, in einer Schenke in Mendena... es geht um einen Schatz...einen großen Schatz
im Dschungel bei Jergan...ihr müsst mir glauben... oh, ihr guten Götter..."
Mercurio verdrehte theatralisch die Augen: "`Ihr guten Götter´! Ich fasse es nicht. Die einen schwören dem
Zwölfgötzenquatsch gerade ab und dieser Jammerlappen hier wird kurz vor Schluss wieder gläubig."
Odilon war hellhörig geworden. "Ein Schatz? Im Dschungel von Jergan ? Hört sich interessant an, Käpt´n.
Vielleicht sollten wir sie erst mal ein bisschen ausquetschen, bevor..."
"Ach was, die will doch nur ihren Kopf aus der Schlinge ziehen, nicht wahr, Tika? So ist es doch? HÄ?"
"Nein, nein, ich habe die Karte verbrannt, aber ich habe sie mir genau eingeprägt. Ich kann euch hinführen. Wenn
ihr mich leben lasst...wenn ihr mich nur leben lasst! So glaubt mir doch, ein ganzer Pott voll Gold... und
Edelsteinen...und anderem wertvollen Zeug... Im Tal der Glühwürmchen ist er vergraben..."
"Im Tal der Glühwürmchen?" Ohne es zu wollen, hatte Alvan diese Frage laut ausgerufen.
"Ja, ja, im maraskanischen Regenwald. Südlich von Jergan."
"Nun fängt sie auch noch das Phantasieren an. Obwohl...Könnte ja fast stimmen, was sie da erzählt." Mercurio
wurde nachdenklich. Der Pirat ließ sie los, und auch Odilon zog das Messer zurück.
Odilon hatte Feuer gefangen, als der Name des Verstecks gefallen war. "Nun raus mit der Sprache. Was weißt du
von diesem Schatz?" raunzte er die noch immer sichtlich verstörte Tika an.
"Es war in Mendena, vor einem Jahr... in einer Kneipe... da habe ich einen maraskanischen Söldner kennen
gelernt... Weibel Daschin oder so ähnlich... Der hat das tobrische Wetter wohl nicht vertragen... hatte vermutliche
die Blaue Keuche... war auf jeden Fall schwer krank und brauchte dringend Geld... für ein paar Silbertaler hat er
mir die Karte verkauft... Er ist dann aber trotzdem gestorben...."
"Na klar" höhnte Mercurio. "Für ein Fläschchen Hustensaft verkauft so einer eine Schatzkarte." Drohend hob er
seinen Handhaken. "Du hältst uns auf. Hast ein ziemliches Talent, den Leuten die Ohren Vollzuquatschen, Tika.
Aber mich wirst du nicht einlullen mit deinem Gerede."
"Nein... ich habe mit diesem Daschin gesprochen...er war früher ein maraskanischer Rebell... Eine Priesterin aus
Jergan hat sich kurz vor der Eroberung der Käferinsel nach einem Versteck in der Umgebung der Stadt erkundigt,
wo man einen großen, schweren Topf unterbringen kann... Bei den Rebellen, die dort überall ihre Nachschubdepots
und Toten Briefkästen hatten... Es gab Gerüchte, wonach in dem Topf der Tempelschatz von Jergan gewesen sein
soll, abtransportiert mit einem Maultier oder Esel... Diese Priesterin, Miraschida hieß sie, oder so ähnlich, hat ihrem
Geliebten einen Brief hinterlassen... auf dem Weg nach Süden... in einem Dorf namens Nuran. Sie hatte einen Esel
dabei und einen riesigen Pott, den sie keinen Herzschlag aus dem Auge gelassen hat. Den Brief sollte ihr Freund,
falls sie nicht mehr zurückkehren würde, in den nächsten Tempel bringen, am besten nach Jergan. In dem Wisch
stand, dass sie den Zaster im Tal der Glühwürmchen verstecken wollte. Die Schwester von diesem Maraskaner war
eine gute Bekannte der Kusine dieses Weibels Daschin oder so ähnlich.... Jedenfalls war dem sofort klar, welches
Versteck gemeint war, als er den Namen des Tals gehört hat... ein hohler Baum, wo der Geist eines
mittelreichischen Barons umgehen soll.... die Rebellen haben dort früher selbst Sachen versteckt, Waffen, Geld,
Nachrichten und Vorräte und so. Für mich hat sich das glaubwürdig angehört, was dieser Daschin gesagt hat.... Er
hat mir eine genaue Karte gemalt, wo dieser Baum steht... ich kann ihn finden... ihr müsst mir glauben"
Alvan, die dem Redefluss der Piratin aufmerksam gelauscht hatte, musste sich ein Lächeln verkneifen. Nur im
schwatzhaften Maraskan war es denkbar, dass sich das "hochgeheime Versteck" eines Tempelschatzes in
Windeseile bis an die aventurische Gegenküste herumsprechen konnte. Vermutlich hatte der Kladj längst dafür
gesorgt, dass sich nichts Wertvolles im Tal der Glühwürmchen mehr befand. Andererseits wusste sie als
Wahlmaraskanerin nur zu gut, dass man auf der Insel der Göttlichen Geschwister ein Versteck auch dadurch
sichern konnte, in dem man dafür sorgte, dass seine Lage allgemein bekannt wurde: Hier beinhaltete alles auch sein
vollkommenes Gegenteil, und ein wichtiges Geheimnis, dass jeder kannte, war kein Geheimnis mehr - was
zugleich bedeutete, dass gerade diejenigen, die es am wenigsten mitbekommen sollten, wie etwa die Schergen des
Fürstkomturs, es tatsächlich als "Kladj" abtaten und ihm keine besondere Bedeutung beimaßen.
Mercurio schien ebenfalls Bedenken zu hegen: "Bei den Tentakeln der Tiefen Tochter, wenn sich das Geheimnis
schon so weit herum gesprochen hat, wer sagt dann, dass sich dieser Schatz, falls es ihn überhaupt gibt, noch in
diesem Tal befindet, falls er wirklich jemals dort war?"
Darauf wusste Tika keine Antwort. Hilflos zuckte sie mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Aber wenn ja, ist dort
sehr viel Gold, Gold für uns alle..."
"Nachrichten aus zweiter Hand, bestenfalls. Das ist mir alles viel zu unsicher." schnaubte Mercurio. "Sei´s drum,
du hast dir mit deinem Gerede noch eine kleine Galgenfrist verdient, Tika, auch wenn du eine verdammte
Verräterin bist. Jetzt haben wir erst einmal andere Sorgen. Das sollten wir uns nachher mal ausführlich anhören.
Aber später. Lassen wir erst einmal die Matrosen an Bord. Komm mit, Odilon, du wirst mir helfen die Matrosen an
Bord zu holen, zu entwaffnen und sie dann auf Xeraan zu vereidigen. Du auch, Fisch. Und ihr beide, Tika und
Alvan, schafft die Leichen von Bord!“
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