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Das Gold von Maraskan - Darpatien

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"M´sarrar! Ihr bringt mir Unglück. Würde mich nicht wundern, wenn bald noch eine Seeschlange auftauchen<br />

würde."<br />

Der Rudergänger begann zu frösteln und hüllte sich enger in seinen Mantel. Auch Meldorjin sah verdrießlich drein.<br />

Alrik tat, als habe er gar nicht richtig zugehört. Stattdessen nutzte er das verbliebene Licht, um die "Nachtwind"<br />

ausgiebig zu mustern. Wären nicht die beiden großen, schwarzen Drachenflügelsegel gewesen, man hätte <strong>von</strong> der<br />

Bauweise des Rumpfes her leicht glauben können, sich auf einem mittelreichischen Frachtsegler zu befinden. Der<br />

garethische Einfluss war nicht zu übersehen, angefangen <strong>von</strong> den Bullaugen in der Hütte über die Schiffsglocke<br />

und das Beiboot bis hin zur Galionsfigur, die den schwarzen Kopf eines Raubvogels zeigte. Der Rumpf<br />

mittelreichisch, die Takelage tulamidisch - kein Zweifel, die "Nachtwind" war ein Kind der Besatzungszeit und<br />

mindestens zehn, wenn nicht zwanzig Götterlaufe alt. <strong>Das</strong> einzige, was hier neu wirkte, war die zu Tarnzwecken<br />

aufgetragene schwarze Farbe.<br />

"Wunderbar, jetzt lässt auch noch der Wind nach" brummte Vegsziber mit Blick auf den kleinen Wimpel am<br />

Hauptmast, der tatsächlich nicht mehr gar so munter in der Abendbrise flatterte wie noch wenige Minuten zuvor.<br />

Alrik sah sich nach der Bireme um. Tatsächlich, sie hatte ein gutes Stück aufgeholt. Die See schlief nach und nach<br />

ein.<br />

"Keine Sorge, Kapitanjin. Die holen uns bestimmt nicht mehr ein!" beteuerte Meldorjin.<br />

Schließlich kam Nebel auf, erst dünne Fetzen, dann ganze Schwaden. Vegsziber und die anderen beiden<br />

<strong>Maraskan</strong>er verwandelten sich in dumpf murmelnde Schattenwesen. Von der Deckswache war schlagartig nichts<br />

mehr zu sehen.<br />

Alrik zog seinen Mantel enger über die Schultern. Irgendwie kam ihm das Meer hier und die Situation bekannt vor<br />

- unangenehm bekannt. Mit einem Tippen an den Hut verabschiedete er sich unter Deck, das durch hölzerne<br />

Trennwände in mehrere Einzelräume mit Ladung unterteilt war. Zielstrebig steuerte er die Kajüte an, wo er und<br />

seine Gefährten untergebracht waren. Die beiden <strong>Maraskan</strong>er, die sich immer in der Nähe der Tür aufhielten,<br />

zeigten, dass man sie immer noch als so etwas Ähnliches wie Gefangene betrachtete.<br />

Gunelde sah sich gerade noch einmal die Verbände Odilons an. Selbfried hatte selbstverständlich die einzige Koje<br />

im Raum in Beschlag genommen. Die übrigen hatten es sich auf dem Boden bequem gemacht, auf nichtgespannten<br />

Hängematten, mit Decken und Umhängen ausgepolstert. Hesindian saß bleich in der Ecke, Alvan starrte zur Decke,<br />

Sigismund wetzte, die Hand dick bandagiert, mit stierem Gesichtsausdruck seinen Rapier. Obwohl ihm<br />

anzumerken war, dass die Bewegung ihm Schmerzen verursachte, hielt er damit keinen Moment inne, ganz so, als<br />

wolle er sich selbst quälen.<br />

"Du hast mehr Glück gehabt als Verstand!" sagte Gunelde gerade. Obwohl sie dabei auf den Wundverband auf dem<br />

Oberschenkel des ehemaligen Gallyser Barons starrte, meinte sie offenbar den Magier.<br />

"Wer? Hesindian? Wer für den Galgen geboren ist, ersäuft nicht" lachte Alrik und machte sich dadurch erst<br />

bemerkbar, denn die Tür war wegen der südländischen Hitze unter Deck weit geöffnet. Erst jetzt, mit Anbruch der<br />

Dunkelheit, breitete sich eine angenehme Kühle im Raum aus.<br />

"In deinem Fall mehr für den Scheiterhaufen" setzte er süffisant und mit Blick auf den Inquisitor hinzu, der in<br />

seiner Koje lag, wo er sich Notizen machte. Vermutlich Aufzeichnungen über den bisherigen Verlauf der Fahrt...<br />

"Wir alle haben Glück gehabt" sagte Odilon schnell, bevor ein Streitgespräch zwischen den beiden entstehen<br />

konnte. "Wie sieht es an Deck aus? Ist die Bireme immer noch in Sicht?"<br />

Alrik nickte. "Sie ist sogar näher gekommen. Aber die Nacht kommt uns zu Hilfe. Wir haben Nebel und ich denke,<br />

die Oronier oder <strong>Maraskan</strong>er oder wer auch immer uns verfolgt, dürfte uns längst aus den Augen verloren haben."<br />

Bei dem Wort Nebel sah Alvan hoch. Offenbar weckte die Lage auch bei ihr schlechte Erinnerungen. "Drei Tage<br />

sind wir jetzt schon auf dem <strong>Maraskan</strong>sund unterwegs. Dabei hätte uns der Westwind geradewegs nach Jergan<br />

blasen müssen."<br />

Alrik machte es sich auf seinem Schlafplatz gemütlich und stopfte sich seine Pfeife neu. "Bei dem Zickzackkurs,<br />

den Vegsziber fährt, kein Wunder. Fährt einen weiten Bogen um jedes Segel, das am Horizont auch nur zu erahnen<br />

ist. Aber da draußen herrscht auch einiger Rummel. Die halbe oronische Flotte kurvt zwischen <strong>Maraskan</strong> und<br />

Elburum herum."<br />

"Gut möglich, dass die Oronier jetzt per Schiff nach uns suchen." meinte Odilon. "Nun, die Nachtwind ist schnell,<br />

wendig und zumindest bei Nacht unauffällig. Vegsziber weiß sicher, was er tut. Lieber ein paar Tage mehr auf dem<br />

<strong>Maraskan</strong>sund, als für immer in einem oronischen oder schwarzmaraskanischen Kerker."<br />

"Welchen Tag haben wir heute eigentlich?" wollte Alrik wissen. "Es kommt mir vor, als wären wir schon eine<br />

Ewigkeit unterwegs - seit Friedwang meine ich."<br />

"Mal überlegen" grübelte die Edle <strong>von</strong> Nordenheim. "Aufgebrochen sind wir im Boron. Jetzt dürfte Ende Hesinde<br />

sein."<br />

"Heute ist der 26. Hesinde 32 Hal" ließ sich der Inquisitionsrat vernehmen.<br />

"Ach, und woher wisst Ihr das, Euer Hochwürden?"<br />

"Ordnung gehört zum Leben. Es ist Praios Wille, dass wir die Zeit messen, die er uns durch die Bewegung der<br />

Gestirne vorgibt." Selbfried blickte streng.<br />

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