Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
"Da, Vater." Alvan deutete nach vorn, wo in der gleißenden Mittagssonne vier Gestalten auf Pferden den Weg<br />
versperrten, die auf den ersten Blick wie Alveraniare wirkten. Erst auf den zweiten Blick erkannte Odilon die<br />
weiße Tracht des Bannstrahlordens und erstarrte.<br />
Dann sah er den Anführer, ein drahtiger Mann mit schwarzem Schnurrbart und sorgfältig gezogenem Scheitel, im<br />
Ornat des Praioten, drei Sphärenkugeln am Gürtel, das Sonnenszepter mit der zackig ausgestreckten Rechten in den<br />
Praiosschein gereckt. Ein Hochgeweihter, nein, vermutlich sogar ein Inquisitor der Praioskirche. Sie hatten ein<br />
Problem.<br />
Der Gallyser überlegte, ob eine Flucht noch Sinn ergab.<br />
Aber abgesehen da<strong>von</strong>, dass die Pferde der Bannstrahler ausgeruht wirkten, würde das alles nur noch schlimmer<br />
machen. Nur wer ein schlechtes Gewissen hatte floh offensichtlich vor Geweihten. Es gab aber eigentlich nichts,<br />
was man ihnen vorhalten könnte. Oder doch?<br />
Der Schwarzhaarige lenkte sein Pferd heran, dicht gefolgt <strong>von</strong> seinen Begleitern, deren Hand gut sichtbar am<br />
Schwertgriff lag. Auf einem Packpferd schwankten einige schwere Kisten. Odilon konnte sich schon lebhaft<br />
vorstellen, was sie enthielten: Ketten, Folterinstrumente, Praioskrausen.<br />
"Praios zum Gruße" Die Stimme des Inquisitors klang nicht einmal bemüht freundlich. "Wer ist Euer Anführer?"<br />
Gunelde lenkte ihr Pferd heran. "<strong>Das</strong> bin ich, Euer Gnaden, verzeiht, Euer Hochwürden. Mein Name ist Gunelde<br />
<strong>von</strong> Heidengrund. Wir sind Perainepilger auf dem Weg nach Zorgan und..."<br />
"Perainepilger? Fürwahr erblicke ich hier seltsame Früchte im Garten der Herrin Peraine" Selbfrieds Stimme klang<br />
völlig humorlos. "Ein spitzohriges Albenbankert" Der Inquisitor spie die Worte geradezu heraus. "Eine einäugige<br />
Verbrechervisage, ein bis an die Zähne bewaffneter Strauchdieb, ein Streuner, dem die Hoffart bereits in Gesicht<br />
geschrieben steht und ein Magus. Nein, beim güldenen Glanze des Götterfürsten: Ihr seid eine Verhöhnung der<br />
Zwölfe, keine frommen Diener der Peraine. Im Namen der Gemeinschaft des Lichts erkläre ich Euch hiermit für<br />
verhaftet."<br />
"Was wirft man uns vor?" Gunelde versuchte ihrer Stimme Festigkeit zu geben, klang aber eher verzagt.<br />
"Heiliger Gilborn, das ist er. <strong>Das</strong> ist der Schurke, der uns in Gallys in die Irre geführt hat!" Einer der Bannstrahler<br />
deutete aufgeregt auf Odilon, der sein Gesicht die ganze Zeit etwas gesenkt und wohl gerade dadurch Mißtrauen<br />
geweckt hatte. "Ich erkenne ihn wieder."<br />
Drei Schwerter flogen wie auf einen lautlosen Befehl in die Hände der Praiosritter, die ihre Gegner umzingelten.<br />
"Ist Euch eigentlich schon einmal aufgefallen, dass wir in der Überzahl sind?" fauchte Alrik und zog ebenfalls<br />
blank. "Niemand nennt Baron Alrik <strong>von</strong> Friedwang eine Verbrechervisage. Also aus dem Weg mit Euch, bevor..."<br />
Odilon fiel Alrik in den Arm, mit dem gerade sein südländisches Temperament durchging. <strong>Das</strong> gesunde Auge<br />
funkelte.<br />
"Baron?" Der Inquisitor lachte höhnisch auf. "Was erdreistet er sich? Nicht genug, dass er die Göttin Peraine<br />
beleidigt mit seinem Mummenschanz, nun schmäht er auch noch den Adel."<br />
Der Schwertknauf eines der Bannstrahler traf den Friedwang, der einen Moment lang abgelenkt war, an der Stirn.<br />
Blutend stürzte er zu Boden. Dann ging alles sehr schnell. Der Reihe nach wurden die Gefährten aus dem Sattel<br />
gezerrt. Instinktiv griff Alvan zur Klinge, ließ diese dann aber fallen, als sie das Szepter des Inquisitors über sich<br />
dräuen sah und kniete nieder. Odilons Pferd spannte die Muskeln an. Die Stute meinte, ihr Reiter würde sogleich<br />
das Zeichen geben, loszugaloppieren. Es tänzelte leicht. Odilon bemerkte nicht, dass einer der Geißler sein Pferd<br />
Kutaki nervös beobachtete.<br />
"Um Alverans willen, leistet keinen Widerstand!" rief Odilon, der als letzter noch im Sattel saß. "Es wird sich alles<br />
aufklären! Wir sind..."<br />
Dann starrte er entsetzt auf das Schwert, dass einer der Geißler Kutaki bis zum Heft in den Hals gestoßen hatte.<br />
"Runter mit dir, Dämonenknecht!"<br />
Schreiend brach die Stute zusammen, Blut sprudelte in einer schwarzen Fontäne zum Himmel.<br />
"Neeeeeeeeeiiiiiiiiiiin!" schrie Odilon bestürzt aus. Fassungslos sah er sein todwundes Pferd. Die Vorderläufe der<br />
Stute knickten ein, während die Lebenskraft des Tieres mit dem roten Blut aus Kutakis Leib entwich.<br />
Mit bloßen Händen stürzte sich der Gallyser auf den Mann, ein blonder Bursche mit wässrig blauen Augen, der<br />
mitleidlos auf sein blutüberströmtes Schwert starrte, warf ihn vom Pferd, daß dessen Rippen krachten und drückte<br />
mit Urgewalt zu.<br />
"Praios, er ist besessen!" röchelte es unter ihm, dann ging die Stimme des Bannstrahlers in einen einzigen heiseren<br />
Wehlaut unter.<br />
Irgendetwas sehr Hartes traf Odilons Hinterkopf, dann noch einmal.<br />
Plötzlich war alles Schwärze, Ruhe und Frieden....<br />
***<br />
32