Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
„Wie Ihr wollt, Elfe. Redet Ihr doch mit diesen Heiden.“ ließ Selbfried verlauten, der sich fast geschmeichelt fühlte<br />
durch die überaus höflichen Worte der Elfe. Alvan ihrerseits war froh, ihre Gedanken wieder auf etwas<br />
konzentrieren zu können. Sie verbannte Gions Gesicht fürs Erste aus ihrem Gedächtnis.<br />
„Wir anerkennen die Zuständigkeit maraskanischer Gerichtsbarkeit.“ sagte Alvan, wieder zu Vegsziber gewandt.<br />
„Es steht geschrieben, dass einem jeden Delinquenten, so er dies wünscht, gestattet sei, eine Person mit fundierten<br />
Rechtskenntnissen als Beistand vor Gericht zu erwählen.“<br />
„Steht das wirklich geschrieben in unseren Gesetzen, Meldorjin?“<br />
Der rechtsgelehrte Offizier nickte.<br />
„Gut“, fuhr Alvan fort. „Ich erwähle den Gelehrten Alabor aus Tuzak zu unserem Rechtsbeistand.“<br />
Vegsziber blickte überrascht auf. Meldorjin schüttelte den Kopf. „<strong>Das</strong> zuständige Gericht kann die Wahl eines<br />
Advocati ablehnen, wenn es dafür triftige Gründe gibt. Eure Wahl dient offensichtlich lediglich zur Verschleppung<br />
der Verhandlung. Es steht Euch frei, eine an Bord befindliche Person zu wählen. Ausgenommen des Kapitäns, der<br />
als Richter bereits eine Aufgabe in diesem Prozess übernommen hat, und meiner Person, der ich hier als Anwalt<br />
königlicher Gerichtsbarkeit die Anklage vertrete.“<br />
Alvan unterdrückte einen Anflug <strong>von</strong> Ärger. So leicht würde sie es nicht haben. Zwar kannte sie sich zumindest<br />
einigermaßen mit den maraskanischen Gesetzen aus, aber mit dem offensichtlich rechtsgelehrten Meldorjin konnte<br />
sie nicht mithalten.<br />
„Gibt es noch eine Person mit Rechtskenntnissen an Bord?“<br />
„Allenfalls Estibora. Sie war früher das Oberhaupt der Krämergilde in Boraan. Etwas Grundwissen wird sie wohl<br />
haben.“<br />
„Nagut. Dann eben die. Aber ich bitte darum, Estibora und mir Einsicht in Eure gesetzeskundlichen Bücher zu<br />
gewähren.“<br />
„Gewährt.“<br />
„Danke. <strong>Das</strong> Gesetz sieht es des weiteren vor, dass einem offensichtlich aufgrund Krankheit oder Verletzung<br />
unpässlicher Delinquent die Zeit gegeben werden muss, sich zu ausreichend zu erholen um sich vor Gericht<br />
verteidigen zu können.“<br />
Vegsziber sah missbilligend auf Odilons Verletzungen. Die auszukurieren würde Tage, wenn nicht Wochen,<br />
dauern. „Stimmt das, Meldorjin?“<br />
„Ja, da hat sie Recht:“ antwortete dieser.<br />
„Ich hab Dir gleich gesagt wir sollen sie ohne viel Federlesens töten. Aber du musstest ja wieder Deine Prinzipien<br />
durchsetzen. Meinetwegen. Schick ihnen den Medicus in die Kajüte. Und der Magus soll auch kommen, ich will,<br />
dass die Sippschaft morgen verurteilt werden kann.“<br />
Alrik musste sich beherrschen, um nicht zu grinsen. Die Rechtskenntnis seiner Lehensfrau hatte ihnen, wenn auch<br />
keinen zeitlichen Aufschub, so doch immerhin schon mal die Behandlung ihrer Wunden eingebracht.<br />
„Ist sonst noch irgendetwas, was vor der Verhandlung erledigt werden muss?“ fragte Vegsziber.<br />
„Äh, nein...“ antwortete Alvan.<br />
“Sehr gut. Morgen zur zwölften Stunde findet die Verhandlung statt. Bis dahin hast Du Zeit, Dich mit Estibora zu<br />
besprechen und <strong>von</strong> ihr beraten zu lassen. Und noch etwas. Ich bekomme Einhundertfünfzig Dukaten <strong>von</strong> Euch.<br />
Und zwar jetzt gleich!“<br />
Alvan sah zu Odilon hinüber, der mit schmerzverzerrten Gesicht auf den blutverschmierten Lederwams starrte vor<br />
seinen Füßen starrte, den Gunelde ihn ausgezogen hatte. Dort, wo die beiden Pfeile in die Rüstung eingedrungen<br />
waren, prangten nun zwei dunkelumrandete Löcher.<br />
Die Edle <strong>von</strong> Nordenheim hatte keine Ahnung, ob sie über die geforderte Summe verfügten. Zwar hatte der<br />
Verkauf des Beibootes einiges <strong>Gold</strong> eingebracht, aber sie konnte nirgendwo prall gefüllte Dukatenbeutel<br />
entdecken.<br />
"<strong>Das</strong> Geld befindet sich in meinem Rucksack, und der Rucksack liegt neben meinem Pferd am Strand" ächzte<br />
Odilon auf <strong>Maraskan</strong>i. Alvan bewunderte ihren Vater, dass er in seinem Zustand überhaupt noch ein Gespräch<br />
führen konnte. Aber vielleicht stand selbst er nach einem derartigen Kampf und ob seiner zahlreichen Wunden<br />
unter Schock. Sie selbst jedenfalls spürte wenig <strong>von</strong> ihrem gebrochenen Arm, der kunstvoll geschient auf ihren<br />
Knien lag, nur ein dumpfes, dröhnendes Pochen, das sich <strong>von</strong> dort aus über die Schulter in den Kopf hin ausdehnte.<br />
Schmerzhafter war da schon die klaffende Wunde im Oberschenkel. Sie hatte erneut Glück gehabt. Ein, zwei<br />
Fingerbreit nach links, und die Steinspitze hätte die Schlagader glatt durchschlagen. Vergiftet war das Geschoss<br />
auch nicht gewesen.<br />
Vegsziber sah den Waldläufer mit großen Augen an, mehr verblüfft ob dessen Gelassenheit als wirklich erzürnt:<br />
"Chazuul! Zahlen könnt ihr also auch nicht?"<br />
Odilon sah seinen Gegenüber an, deutlich geschwächt vom Blutverlust: "Wollt Ihr uns auch noch als Blinde<br />
Passagiere anklagen?"<br />
152