Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
"Oben auf dem Ausguck. Alrik hatte die Idee, dort hinauf zu rufen, sonst hätten wir ihn wohl nicht so rasch<br />
gefunden." Erst jetzt sah Odilon das Blaue Auge und die aufgeplatzte, blutige Lippe im Gesicht des Jungen.<br />
"Sein Gesicht... <strong>Das</strong> wart doch nicht etwa ihr?"<br />
"Praios bewahre, nein. Wir haben ihn schon so vorgefunden. Hat eine Weile gedauert, bis er vom Mast<br />
runtergekommen ist. War am Ende wohl doch ein bisschen zu klamm und kalt dort oben."<br />
„Nun gut. Ich würde Euch beide nun bitten, nach den Gefangenen zu sehen. Eine <strong>von</strong> ihnen scheint sich mit einem<br />
Metallamulett der Fesseln entledigen zu wollen, wie Tjeika berichtete. Untersucht alle noch einmal genau nach<br />
Waffen. Und nehmt ihnen alles ab, was als improvisierte Waffe oder als Werkzeug dienen kann. Gürtel,<br />
Halsketten, Schmuck, und auch die Schuhe. Sollten sie einen Aufstand wagen kämpft es sich barfuss nicht<br />
besonders gut. Und merkt Euch, wer <strong>von</strong> Ihnen Amulette der Unheiligen bei sich trägt. <strong>Das</strong> könnte unseren<br />
Inquisitor interessieren. Ich kümmere mich einstweilen um den Jungen hier.“<br />
„Ay, Käpt´n“ antwortete Sigismund. Er fand den befehlsgewohnten Ton Odilons zwar ungewohnt – der alte Recke<br />
war zwar unumstritten der Wortführer, trat aber in der Regel nicht autoritär auf. Aber er wollte, vermutete<br />
Sigismund, in Gegenwart der Matrosin wohl keinen Zweifel an den Befehlsstrukturen aufkommen lassen. Also<br />
spielte er mit. Er nickte Alrik zu, dann gingen die beiden zu den Gefangenen.<br />
„Noch etwas. Wenn die Gefangenen irgendwelche Angebote machen, hört sie Euch wohlwollend an, zeigt<br />
vorsichtiges Interesse, und sagt letztlich, dass ihr darüber nachdenken wollt. Und dann bringt ihr mir Oske und<br />
Sauerbrot zum Verhör.“<br />
Einige Stunden später gestattete sich Odilon, wenigstens vier Stunden lang zu schlafen. Oske und Sauerbrot<br />
schienen ihm soweit vertrauenswürdig. Er hatte Ihnen zugesichert, dass sie, sobald das Schiff einen Hafen anlaufe,<br />
frei <strong>von</strong> Bord gehen könnten und nicht vor ein Gericht gestellt werden würden. Natürlich hatte er diese<br />
Zusicherung erst gemacht, nachdem Der Inquisitor sie nach Dämonenmalen untersucht hatte und sie für<br />
unbedenklich befunden hatte. Zumindest waren nach seinem Dafürhalten die Seelen der beiden noch nicht verloren.<br />
Zu dumm war nur, dass Hesindian nicht auf magische Weise überprüfen konnte, ob die beiden die Wahrheit<br />
sprachen. Er war aufgrund seiner Verletzungen und seiner Erschöpfung nicht in der Lage, sich auf die Arkane<br />
Kunst zu konzentrieren, und zudem zu erschöpft. Linne hatte, als Alrik ihre Fesseln prüfte, diese schon fast<br />
durchgescheuert. Der Baron hatte gerade noch rechtzeitig nach ihr gesehen und ihr neue Fesseln angelegt.<br />
Außerdem hatten er und Sigismund allen verbliebenen Gefangenen zusätzlich die Augen verbunden und sie<br />
geknebelt. So konnten sie zumindest nicht gemeinsam beratschlagen und auch nicht die Aufmerksamkeit ihrer<br />
Bewacher überprüfen. Auch die Ausbeute an verborgenen Gegenständen war nicht schlecht gewesen. Bei Kobad,<br />
Linne und Svanja waren sie mit Amuletten und Talismanen der Verdorbenen fündig geworden. Der Inquisitor hatte<br />
die Amulette kurzerhand zur späteren Beweisführung in sein Buch protokolliert, bevor er sie über Bord warf.<br />
Derlei unheilige Gerätschaft wollte er nicht an Bord haben. Den letzten der Piraten, den Tika vorgeschlagen hatte,<br />
Dusan, wollte er sich später vornehmen. Odilon schloß die Augen.<br />
Laute Stimmen an Bord weckten Odilon. Es dauerte eine Weile, ehe Odilon die Worte verstand. Der Recke rieb<br />
sich den Schlaf aus den Augen. Aus weiter Ferne vernahm er die Stimmen Selbfrieds und Alriks.<br />
"Über das Schicksal der Gefangenen zu bestimmen hat der Bärtige mir versprochen, daran erinnert Ihr Euch wohl<br />
noch?"<br />
"Gewiß. <strong>Das</strong> sagte Odilon. Sobald wir <strong>Maraskan</strong> erreicht haben, das war ausgemacht. Noch sind wir nicht in<br />
<strong>Maraskan</strong>."<br />
"Richtig. Aber Zugleich verspricht Odilon den Piraten die Freiheit, wenn sie überlaufen."<br />
"Dem habt Ihr zugestimmt, er hat Euch explizit um Eure Zustimmung gefragt. Außerdem können wir allein das<br />
Schiff gar nicht steuern."<br />
"Auch richtig. Aber wenn wir <strong>Maraskan</strong> erreichen zählt das Versprechen, dass Schiff und Mannschaft meiner<br />
Verfügungsgewalt unterstehen, wenig, denn ohne Mannschaft kann ich weder mit dem Schiff noch mit den<br />
Gefangenen etwas anfangen.<br />
Außerdem habe ich mehr noch als eine Bestrafung des Abschaums auch die Sicherheit des Schiffes im Auge. Es<br />
sind immer noch elf Piraten gegen uns sieben. Einem gut organisierten Aufstand haben wir nichts entgegen zu<br />
setzen. Und über die Loyalität der Überläufer können wir uns nicht völlig sicher sein. Sie werden, wenn das Blatt<br />
sich wendet, sehr rasch ihre Meinung ändern. Und wenn das Wetter bleibt und wir nicht in kurzer Zeit Zorgan<br />
anlaufen können haben wir sehr schlechte Karten. Außerdem sind es letztlich Piraten und Dämonenpaktierer, wie<br />
die Amulette beweisen. Sie haben alle den Tod verdient. Sie am Leben zu lassen wäre daher grundlegend falsch."<br />
"Es ist gut, Meister Selbfried." Odilon war endgültig erwacht und war zu den Debattierenden hinzu getreten. "Ich<br />
nehme Eure Anregung zur Kenntnis und werde darüber nachdenken."<br />
"Sehr gut, dass Ihr wach seid. Ihr seid der Kapitän dieses Schiffes. Als solcher steht Ihr in der Verantwortung, für<br />
das Wohl aller an Bord die beste Entscheidung zu treffen, auch wenn sie Euch schwer fällt. Ich weiß, dass es sehr<br />
schwer ist, Verantwortung zu tragen. Aber bedenkt, dass <strong>von</strong> Eurer Entscheidung das Leben vieler Menschen<br />
66