Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
III. Kapitel: Die Piraten der Blutigen See<br />
Es war ein dunkler Raum, in dem Andromejia wartete. Die <strong>Maraskan</strong>erin fröstelte leicht. Den Nachmittag über<br />
hatte sie die Wärme des Tages gespürt, und nun hieß man sie in diesem feuchten und modrigen Loch zu warten.<br />
Wie konnte man einen so finsteren Bau nur als angenehm und wohnlich empfinden. Aber die neuen Herren<br />
<strong>Maraskan</strong>s waren seltsam. Auf ihre Weise noch seltsamer als die Garethjas, die sich zuvor als die Herren der Insel<br />
aufgespielt hatten. Noch war nicht offensichtlich, auf welche Weise diese neuen Herrscher zur Schönheit der Welt<br />
beitrugen. Außer, dass sie die Garethjas verjagt hatten, was zweifellos der Schönheit der Welt über alle Maßen<br />
dienlich war. Ein wenig störend daran hatte sie zunächst empfunden, dass die Schönheit der Welt zunächst eher zu<br />
sinken schien anstatt zu steigen. Aber das hatte sie nur vorübergehend so empfunden. Mittlerweile schätzte sie die<br />
Veränderungen. Vor allem natürlich deshalb, weil sie es nunmehr zu Wohlstand gebracht hatte und nicht mehr<br />
betteln mußte wie seinerzeit unter den Garethjas.<br />
Andromejia war eine kleine und unscheinbare Frau. Ihr sonnengebräuntes Gesicht und ihr kurzes schwarzes Haar<br />
unterschieden sich nicht im Geringsten vom durchschnittlichen Aussehen der Bewohner <strong>Maraskan</strong>s. Und da sie<br />
<strong>von</strong> Statur eher schlank und schwächlich wirkte stach sie niemanden sofort ins Auge. Früher hatte sie darunter<br />
gelitten, nur wenig Beachtung entgegengebracht zu bekommen. Mittlerweile wusste sie diese Gabe zu ihrem<br />
Nutzen einzusetzen. Ihre Unscheinbarkeit war gepaart mit einer exzellenten Geschicklichkeit und einer<br />
vorzüglichen Ausdauer, die man ihrem schlanken Körper gar nicht zutrauen würde. Andromejia verfügte also über<br />
die besten Voraussetzungen für eine Karriere auf der verborgenen Seite der Macht. Andromejia war schon zu<br />
Zeiten der Garethjas eine geschickte Diebin. Erst recht waren ihre Fähigkeiten sehr gewinnbringend einzusetzen,<br />
seit die neuen Herren die Macht an sich gerissen hatten.<br />
Andromejia wartete auf Andorkan. Andorkan kannte sie schon seit vielen Jahren. Andorkan war unter der<br />
Herrschaft der Garethjas wie sie ein Bettler gewesen. Ein Tagedieb, ein Schurke, wie mancher sagen mochte. Aber<br />
so wie es bei allen Handwerkern ein Gildenoberhaupt gab, so war Andorkan der König der Bettler gewesen.<br />
Andorkan hatte schon immer ein scharfes Auge und ein gutes Gehör gehabt, und vor allem einen Sinn dafür, wo es<br />
etwas zu hören gab, was niemand hätte hören sollen. Andorkan hatte gute Kontakte zu den Dieben, den Räubern<br />
und den Betrügern. Er wusste, an wen man sich wenden mußte, wenn man einen Dienst aus der Unterwelt<br />
benötigte. Und, was noch wichtiger war, er wusste, wer <strong>von</strong> den Reichen sich welche Dienste der Unterwelt zu<br />
Eigen gemacht hatte. Und so war Andorkan vom Bettler zum Informationshändler aufgestiegen. Seine steile<br />
Karriere begann aber erst, als die Herren <strong>von</strong> <strong>Maraskan</strong> wechselten. Denn gegen gute klingende Münze verkaufte<br />
er Informationen an die Emporkömmlinge. Wohl so manchen Garethja hatte Andorkan ans Messer geliefert, der<br />
heimlich Kontakt nach Gareth hielt und den neuen Herrschern nicht loyal gegenüber stand. Auf diese Weise war<br />
Andorkan nicht nur reich geworden, sondern er errang sich auch das Vertrauen der neuen Machthaber des Landes.<br />
Und das war sehr vorteilhaft. Auch für Andromejia. Denn Andromejia ihrerseits genoß das Vertrauen Andorkans.<br />
Sie hatte rechtzeitig die Gunst der Stunde erkannt und ihrerseits Andorkan die Informationen beschafft, die er <strong>von</strong><br />
ihr verlangte. Und so wie Andorkan schließlich im Auftrag der neuen Herrscher zum örtlichen Leiter einer Art<br />
Informationsbeschaffungsinstitut aufgestiegen war, so wurde Andromejia die rechte Hand Andorkans in dieser<br />
neuen Institution. Freilich war das Institut, wie man es schlicht nannte, in seiner Tätigkeit nicht nur auf Tujiak, das<br />
die Garethjas Tuzak nannten, begrenzt. Aber in Tuzak selbst stützte sich die Macht der neuen Herren neben den<br />
Truppen, den Söldnern vor allem auch auf das Institut, deren Mitarbeiter sich vornehm „die Samthandschuhe“<br />
nannten. Denn niemand, der den neuen Herren skeptisch gegenüber stand, wusste, wem er trauen konnte oder wer<br />
seiner Freunde das, was er soeben gesagt hatte, an das Institut weiterreichte. Es standen viele Informanten im<br />
Dienst der Samthandschuhe. Und wer einen Konkurrenten aus dem Weg räumen wollte, in dem er ein Geheimnis<br />
des Betreffenden an das Institut reichte, der tat dies.<br />
Als Andromejia an diesem Tag Andorkan aufsuchte war sie durchaus neugierig, was Andorkan <strong>von</strong> ihr wollte. Es<br />
war nicht ungewöhnlich, dass er einen Auftrag für sie hatte. Üblicherweise bestand das im Beschatten eines<br />
Bürgers, in einem Einbruch um belastendes Material zu stehlen oder ähnlichem. Aber sie spürte, dass es diesmal<br />
um mehr ging. Denn sonst hätte Andorkan ihr seinen Auftrag nicht persönlich, sondern durch einen Boten<br />
übermitteln lassen. Es mußte sich um eine heikle Mission handeln, die keinen Mitwisser duldete. Andorkan<br />
brauchte jemanden, dem er völlig vertrauen konnte. Also sie, Andromejia. Und das machte sie stolz. Sie wusste,<br />
dass sie mit einem Gelingen ihres Auftrages so viel <strong>Gold</strong> bekommen würde, dass sie sich zur Ruhe setzen könnte.<br />
Sie könnte sich zwei kräftige Sklaven kaufen, die ihr alle Arbeiten abnehmen würden. Vielleicht würde es auch<br />
noch für einen oronischen Liebessklaven reichen.<br />
Mit einem Knarren öffnete sich die Tür und Andorkan betrat die dunkle Kammer.<br />
38