Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Selbfried deutete einen Schlag <strong>von</strong> rechts an. Alrik riß sein Schwert herum, um den Hieb abzufangen. Es war wie<br />
Selbfried es sich gedacht hatte. Eine rasche Drehung, ein kurzes zurückziehen des Schwertes und ein ebenso<br />
schneller Hieb <strong>von</strong> links überraschten Alrik, ohne dass dieser darauf reagieren konnte. Vielleicht hätte ihm dieser<br />
Schlag den Garaus gemacht, wenn ihn nicht im gleichen Moment Sigismund angesprungen hätte. Selbfried verlor<br />
das Gleichgewicht, er taumelte nach vorne und sein Hieb streifte Alrik lediglich an der Seite, was eine<br />
schmerzende, aber keinesfalls gefährliche Wunde verursachte. Alrik trat mit einem Wutschrei nach dem Inquisitor,<br />
dieser klatschte der Länge nach auf den Boden der Bilge. Sigismund warf sich auf ihn und hämmerte ihm seine<br />
eisernen Fesseln auf den Kopf. Dem Inquisitor wurde schwarz vor Augen.<br />
An Deck war es still geworden.<br />
Alrik stöhnte, hielt sich die Seite. "Verdammter Mistkerl! Eigentlich sollte ich ihn dort im Dreckwasser ertränken!"<br />
"Seid Ihr verletzt?" wollte Alvan wissen.<br />
"Lasst nur, ein Kratzer! Danke, Sigismund! Ohne Euch wäre ich jetzt tot."<br />
Der Streuner grinste, wenn auch mit schmerzverzerrtem Gesicht:<br />
"War mir ein Vergnügen! Nach all den Peitschenhieben!"<br />
Die Edle <strong>von</strong> Nordenheim sah auf das Bilgenwasser, das tatsächlich größtenteils nach Backbord geflossen war.<br />
Offensichtlich hatte die "Greif <strong>von</strong> Beilunk" stark Schlagseite. Da dies kaum auf einen Leck unter der Wasserlinie<br />
zurückzuführen sein konnte, bedeutete dies wohl, dass einer der Masten umgestürzt war, nun ins Wasser hing und<br />
das Schiff deutlich zur Seite krängen ließ.<br />
"Was ist mit den anderen, den Bannstrahler? Ist er tot?"<br />
"<strong>Das</strong> will ich hoffen!" knurrte Odilon grimmig.<br />
Alvan spürte Bestürzung in sich aufsteigen: "Du hast gerade einen Praiosdiener getötet!"<br />
"Er wollte uns töten, nicht umgekehrt! Und er hat Kutaki auf dem Gewissen."<br />
"Was machen wir mit dem da?" Alrik deutete mit dem Schwert auf den Inquisitor, der gerade mit einem Stöhnen zu<br />
sich kam, und sich den Hinterkopf hielt. Im nächsten Moment spürte er außer Kopfschmerzen noch ein<br />
unangenehmes Stechen im Nacken: "Liegenbleiben, <strong>Gold</strong>fasan!"<br />
"Möge Praios Euch verfluchen!" zischte Selbfried, der nur langsam begriff, was geschehen war. "Was habt Ihr mit<br />
Anselm gemacht?"<br />
"Der hat Halsschmerzen bekommen und sich endgültig <strong>von</strong> unserem kleinen Törn hier verabschiedet. Hat wohl die<br />
raue Seeluft nicht vertragen. <strong>Das</strong> passiert Euch auch, wenn Ihr noch ein wenig herumhampelt!" antwortete Alrik.<br />
Mit einem derben Tritt beförderte er den Inquisitor zurück auf den Bauch, bevor dieser sich wieder aufrappeln<br />
konnte. Mit dem blutig geschundenen Gesicht voran landete der Selbfried in der schmutzigen Brühe. Aus den<br />
Augenwinkeln sah er eine graubraune Ratte mit zitternden Barthaaren in seine Richtung schnuppern. <strong>Das</strong> unheilige<br />
Tier des Namenlosen! Er war endgültig in die Hände der Diener des abgrundtief Bösen geraten. Nun denn, wenn es<br />
ihm so bestimmt war, dann würde er für Praios das Martyrium erleiden, wie der Heilige Gilborn in den Verliesen<br />
des verfluchten Bethaniers. Praioslob biss das Untier nicht zu, sondern huschte fiepend in die Dunkelheit da<strong>von</strong>.<br />
"Rede, Bursche! Was habt ihr mit Anselm gemacht!""<br />
"Der singt jetzt Gurvanische Choräle, und zwar auf ewig!"<br />
"Mörder! Warum bringst du mich nicht ebenfalls um, Dämonenknecht?"<br />
"Gute Frage! Ich sollte es mir wirklich überlegen." Alrik zerrte die Hände des Praioten auf den Rücken und<br />
schnürte sie mit dessen Schärpe zusammen. "Aber vielleicht ist es mir ja im Gegensatz zu Euch einfach irgendwie<br />
zuwider, Wehrlose abzuschlachten?"<br />
"Schsschttt!" Alvan legte ihren Zeigefinger auf die Lippen.<br />
"Sie kommen!" flüsterte sie.<br />
Tatsächlich huschten die ersten Füße heran, derbes Gelächter war zu hören, ab und an ein Schmerzensschrei.<br />
"Gnade, Gnade!"<br />
<strong>Das</strong> waren offenbar Matrosen, die unter Deck - oder in die umgekehrte Richtung? - getrieben wurden.<br />
Raues Gelächter erklang.<br />
Dann schob sich ein Gesicht über die Luke. Alvan erkannte ein stoppelbärtiges, narbenzerfurchtes Gesicht und ein<br />
um den Kopf geschlungenes rotes Tuch - ein Pirat, wie ihn sich Klein-Alrik vorstellte.<br />
"Beim Gierigen Feilscher, da unten sind auch noch welche! Los, raus mit Euch, aber ein bisschen plötzlich!"<br />
Gieriger Feilscher? Möglicherweise standen dieses Piraten also im Dienste Xeraans, dachte Sigismund... Als nicht<br />
sofort Antwort kam, richtete der wüste Kerl eine Armbrust nach unten und schoß. Der Bolzen durchschlug den<br />
reglos daliegenden Bannstrahler, der sich laut stöhnend aufbäumte, die Augen aufriss und dann mit glasigem Blick<br />
wieder zurücksank. Die Füße zuckten und zitterten einige Augenblicke, dann war er eindeutig tot. Odilon empfand<br />
fast schon so etwas Ähnliches wie Erleichterung, dass nicht er es gewesen war, der den Bannstrahler getötet hatte.<br />
"Raus, habe ich gesagt, oder der Nächste <strong>von</strong> Euch fährt in die Ewige Verdammnis! Los, los, los!"<br />
40