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1) Der Angriff - Über mich

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Frauke Feind<br />

musste er zusehen, wie sie zusammen mit Kate weiter Äste absägte, fortschaffte, die nächsten<br />

holte. Jim konnte es nicht mehr ertragen.<br />

************<br />

Die Tage vergingen einförmig, vom Aufstehen am Morgen bis zum Einschlafen am<br />

Abend. Ich wusste nicht, woher ich die Kraft nahm, immer weiter zu arbeiten, aber die<br />

schreckliche Angst, dass sie Jim vor meinen Augen einfach erschießen würden, trieb <strong>mich</strong><br />

voran. Meine Muskeln gewöhnten sich langsam an die ungewohnten Bewegungen, der<br />

Schmerz, der im ganzen Körper wütetet, ließ allmählich etwas nach. Und da ich nicht mehr<br />

ausschließlich mit meinen eigenen Qualen so viel zu kämpfen hatte, dass ich kaum einen<br />

Blick für etwas anderes hatte, merkte ich, dass Jim immer noch aufrecht stand. Er schuftete<br />

wirklich hart, was angesichts seines Zustandes erstaunlich war. Theoretisch hätte er schon<br />

längst zusammen gebrochen sein müssen. Unerträgliche Rückenschmerzen hätten ihn um-<br />

werfen müssen. Alles in mir schrie danach, ihn zu fragen, wie es ihm ging. Aber mehr, als<br />

ihm heimlich verzweifelte Blicke zuzuwerfen, wagte ich nicht. <strong>Der</strong> Abend des fünften Tages<br />

unseres Sklavendaseins brach an. <strong>Der</strong> Vorarbeiter erklärte kurz vor dem Sonnenuntergang:<br />

„Okay, das war‟s für heute.“<br />

Ich schluckte. Wieder würde ich zusehen müssen, wie man Jim weg brachte. Heute<br />

war es besonders schlimm gewesen, denn ich hatte gesehen, dass er sich an einem vor-<br />

stehenden Ast ziemlich übel den Oberschenkel aufgekratzt hatte. Die Wunde hatte eine Weile<br />

ziemlich geblutet, aber niemand hatte sich darum gekümmert. Als wir nun getrennt wurden<br />

und er humpelnd im Wald verschwand, zerriss es mir fast das Herz. Und dann kam etwas,<br />

womit ich nun wirklich überhaupt nicht gerechnet hatte. Wir wurden abgeholt und ins Lager<br />

zurück geführt. Dort jedoch brachte man uns nicht in die Zelle, sondern zu einer inzwischen<br />

erbauten, relativ großen Hütte. In der Hütte standen zwei einfache gusseiserne, mit Wasser<br />

gefüllte Badewannen. Ungläubig starrten Kate und ich uns an. Neben den Wannen stand ein<br />

Stuhl, auf dem saubere Jeans und frische T-Shirts lagen. Auf dem Rand der Wannen lagen<br />

Seifenstücke und kleine Fläschchen mit Shampoon. Wir zögerten nicht mehr, sondern stiegen<br />

aus den hoffnungslos verdreckten und teilweise zerrissenen Sachen, die wir jetzt seit der An-<br />

kunft auf der Insel trugen und stiegen in die Wannen.<br />

Es war ein unbeschreibliches Gefühl, das warme Wasser am Körper zu spüren. Wir<br />

wussten nicht, wie viel Zeit man uns geben würde, und so beeilten wir uns sicherheitshalber<br />

damit, uns zu waschen. Aber niemand kam und störte uns. So blieben wir lange in den<br />

Wannen und hatten endlich das Gefühl, wieder halbwegs sauber zu sein. Als wir gerade fertig<br />

waren mit Anziehen, kam Richard Alpert in die Hütte. Leutselig erklärte er:<br />

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