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MARIEN pdf

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kenpflegenden. Sie allerdings unterstanden staatlicher Aufsicht. Ferner wurde staatlicherseits<br />

die Ausbildung der Geistlichen vorgeschrieben. Nur wer diese Bedingungen<br />

erfüllte, konnte angestellt werden.<br />

Damit war die Verleihung eines geistlichen Amtes vom Staate abhängig und die seit<br />

1848 erworbene Freiheit für die Kirche erneut zurückgenommen worden. Die preußischen<br />

Bischöfe antworteten auf die Beschneidung der kirchlichen Rechte mit passivem<br />

Widerstand.<br />

Die Folgen waren sehr hart. Die Priesterseminare wurden geschlossen, Amtshandlungen<br />

eines vom Bischof ohne Mitwirkung des Oberpräsidenten ernannten Geistlichen<br />

wurden u. a strafrechtlich verfolgt. Mehrere Bischöfe wurden ihres Amtes enthoben, da<br />

sie sich nicht an die gesetzlichen Bestimmungen hielten Sie begaben sich ins Ausland<br />

und versuchten von hier aus, ihr Bistum notdürftig zu leiten.<br />

Im Jahre 1873 / 74 erreichte dann in Preußen der „Kulturkampf“ seinen Höhepunkt. In<br />

Schwelm trafen die Gesetze und Verordnungen auch unsere Gemeinde ungemein.<br />

Wenn auch nur 15 % der 8000 Einwohner zählenden Stadt katholisch waren, wurden die<br />

Gemeindemitglieder mit ihrem Pfarrer und Kaplan doch sehr empfindlich berührt.<br />

Denn das sogenannte Maigesetz von 1873, welches die staatliche Reglementierung der<br />

katholischen Kirche gewährleisten sollte, sah vor, dass Geistliche nur nach Ablegen<br />

eines staatlichen Kulturexamens ein Amt übernehmen durften und alle Geistlichen beim<br />

Staat gemeldet werden mussten. Weiterhin verbürgte es das Recht der Gläubigen, bei<br />

staatlichen Gerichten Berufung einzulegen, wenn die Kirche jemanden mit Strafen belegte.<br />

Besonders schmerzlich traf die Gemeinde die Erleichterung des Kirchenaustritts.<br />

Die Ziviltrauung wurde zum 1.10. 1875 eingeführt.<br />

In dieser erneuten, misslichen, kirchlichen Lage war es dann eine richtige Entscheidung,<br />

der katholischen Vereins- und Pressearbeit freien Lauf zu lassen, denn Presse und Vereine<br />

unterstanden nicht den Bischöfen und fielen daher auch nicht unter die Kulturkampfgesetze.<br />

So konnten sie zu den stärksten Verteidigern der bischöflichen Rechte in<br />

der Öffentlichkeit werden. Bismarck merkte sehr bald, dass keine seiner Absichten von<br />

einem Erfolg gekrönt waren. Es zeigte sich, dass staatliche Stärke am falschen Platz<br />

demonstriert worden war. So nahm der sicherlich sehr versierte Politiker Bismarck den<br />

Papstwechsel von 1878 zum Anlass, um die verfehlten Gesetze nach und nach wieder<br />

abzubauen.<br />

Die Antwort auf die soziale Frage hieß Kolping, Ketteler und Hitze<br />

Mit der Beendigung des Kulturkampfes wurden sicherlich nicht alle katholischen Wünsche<br />

und Optionen erfüllt. Doch es war wichtig, dass dieser Kampf beendet war, denn<br />

die stärkste politische Herausforderung stellte die ungelöste „Soziale Frage“ dar.<br />

Deshalb kann man auch von dieser Pfarrchronik mehr verlangen und erwarten, als nur<br />

historische Fakten aufzuarbeiten, wenn wir uns dieser sozialen Frage, der Situation in<br />

Politik, Kirche und Gesellschaft in vergangenen Jahrhunderten annehmen und von diesbezüglichen<br />

Taten und Geschehnissen aus unserer Gemeinde berichten.<br />

Bei der „Aufarbeitung“ dieser Jahre habe ich darauf geachtet, dass sich nicht unbemerkt<br />

das Wissen aus Büchern und Dokumenten mit mündlichen Überlieferungen vermischte.<br />

So lag ein besonderer Augenmerk auf genaueste, sich an vorgefundenen Fakten orientierende<br />

Beschreibung der Geschehnisse jener Zeit.<br />

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