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MARIEN pdf

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offenkundig eingetretenen tiefgehenden Zerwürfnisses zwischen dem Pfarrer und dem<br />

größten Teil der Gemeinde sei noch darauf verwiesen, dass er ihr in seiner Abschiedsrede<br />

bescheinigte, sie bestehe „aus lauter zusammengetrommeltes Jahnhagelpack".<br />

Gesetzliche Bestimmungen<br />

Während der Amtszeit des Bertram Schmitz war im Jahre 1794 das Allgemeine Preußische<br />

Landrecht erlassen worden, mit dem auf höherer Ebene die „Spielregeln" für die<br />

Pfarrerwahlen festgelegt wurden. Vom Geist des Absolutismus geprägt und gestützt auf<br />

den Summepiskopat der preußischen Könige fanden sich in seinem zweiten Teil zahlreiche,<br />

bis ins einzelne gehende kirchenrechtliche Bestimmungen. Für die Schwelmer<br />

Situation aber war eine solche staatliche Regelung im Grunde nur folgerichtig, da ja das<br />

Wahlrecht auf staatliche (und nicht auf kirchliche) Verleihung zurückging. Überdies galt<br />

die Festlegung „bey Kirchen, welche keinen eigenen Patron haben, gebühret der Regel<br />

nach die Wahl des Pfarrers der Gemeine."<br />

Bemerkenswert ist nun: Als es mit der Preußischen Verfassung von 1850 zum Ende des<br />

Staatskirchentums kam und die Kirche ihre Angelegenheiten weitgehend selbst regeln<br />

konnte, wurde das Pfarrerwahlrecht der Schwelmer Gemeinde zwar in Zweifel gezogen,<br />

aber offiziell nicht in Frage gestellt. So schrieb z.B. das Paderborner Generalvikariat im<br />

Juni 1860: „Das wahlrespektive Präsentationsrecht kann ernstlich nicht bestritten werden",<br />

zumal dieses Recht ja schon vor 1794, nämlich 1783 und 1788, ausgeübt worden<br />

sei. Für die Folgezeit lag es in der Natur der Sache, dass man sich mit jeder weiteren<br />

vollzogenen Wahl auf ein Gewohnheitsrecht berufen konnte.<br />

Insgesamt kam es in Schwelm zwischen 1794 und 1962 zu 14 Neubesetzungen der<br />

Pfarrerstelle. Bei zwölf von ihnen war die Gemeinde durch Wahl beteiligt. Die erste Ausnahme<br />

fiel in das Jahr 1806: Nachdem der zuständige Ordensprovinzial, wie dargelegt,<br />

den Pfarrer Schmitz seines Amtes hatte entheben müssen, präsentierte er sofort und<br />

weisungsgemäß ohne vorherige Kontaktaufnahme mit der Gemeinde einen anderen Ordensgeistlichen.<br />

Dabei handelte es sich um den Pater Cassius Gareis, der sich erboten<br />

hatte, nach Schwelm zu gehen, wenn ihm dort eine „beständige Anstellung" zuteil würde.<br />

Er blieb immerhin bis zum Jahre 1815. Die zweite Ausnahme, über die in späterem<br />

Zusammenhang berichtet wird, ergab sich im Jahre 1938.<br />

In neun der zwölf Fälle wurde die Wahl nach den vorgesehenen Bestimmungen durchgeführt,<br />

nämlich unter Aufsicht eines anfangs vom Staat, später von der Kirche gestellten<br />

Wahlkommissars, der für die Anlegung der Wählerlisten verantwortlich war und in<br />

Wahlaufrufen Termin und Ort der Wahl festlegte. Letztere wurden während der Gottesdienste<br />

und in Anschlagkästen bekanntgegeben. Ein Wahlvorstand wurde gebildet, der<br />

im Anschluss an die Wahl ein Wahlprotokoll anzufertigen hatte. Wahlberechtigt waren,<br />

wie es sowohl die staatlichen wie auch die späteren kirchenrechtlichen Festlegungen besagten,<br />

lediglich die Familienväter bzw. Hausvorstände.<br />

Erstmals im Jahre 1950 wurden in Schwelm alle Mitglieder der Pfarrgemeinde, die das<br />

21. Lebensjahr vollendet hatten, zur Wahl zugelassen. Auf den Stimmzetteln für den geheimen<br />

Wahlakt standen meistens (ab 1889 in Schwelm regelmäßig, ab 1917 durch das<br />

Kirchenrecht gefordert, drei Kandidaten, die sich häufig der Gemeinde in einem Probegottesdienst<br />

vorgestellt hatten. Letzteres wurde später von der kirchlichen Behörde verboten.<br />

In Schwelm kam es in den meisten Fällen zu klaren Mehrheitsentscheidungen.<br />

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