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MARIEN pdf

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„Unter Zugrundelegung der (letzten) Kirchenvorstandswahl, bei der etwa 180 - 190 Stimmen<br />

abgegeben wurden, waren 500 Stimmzettel bereit gehalten worden. Während der<br />

Wahlhandlung mussten jedoch noch mehr als doppelt so viele gedruckt werden, da etwa<br />

1200 Stimmen abgegeben wurden.“ (alte Pfarrchronik)<br />

Die Aufhebung des Pfarrerwahlrechts im Jahre 1962<br />

Der dritte Anlauf, der letztlich zum gewünschten Ziel führte, fiel in das Jahr 1962. Er ging<br />

ebenfalls, wie schon in den Jahren 1938 und 1950, vom Kirchenvorstand aus. Nach dem<br />

Tod von Pfarrer Lüttecke wandte er sich nämlich mit einem Brief an den Bischof von Essen<br />

Franz Hengsbach, den späteren Kardinal. Die Kernaussage dieses Briefes war,<br />

dass die „Mehrzahl der aktiven Gemeindemitglieder" „allein dem Bischof" das Recht der<br />

Pfarrerauswahl überlassen wolle. Hengsbach war natürlich ob eines solchen Vorstoßes<br />

hocherfreut; denn ohnehin hatte er sich dagegen gewandt, das Pfarrerwahlrecht in das<br />

Essener Diözesanrecht aufzunehmen. Dabei argumentierte er, dass hierfür keine katholisch<br />

kirchliche Rechtsquelle gegeben sei, vielmehr die (erwähnte) Bestimmung des<br />

Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 maßgebend sei.<br />

In seinem Antwortschreiben begrüßte Hengsbach ausdrücklich die von Schwelm ausgegangene<br />

Initiative. Dabei nannte er als Begründung für seine Einstellung, dass trotz seiner<br />

sonstigen positiven Einstellung zur Laienverantwortung in der Kirche nach seiner<br />

Meinung mit der vorgeschlagenen Neuregelung Parteienbildung und Spaltung in der Gemeinde<br />

vermieden werden könnten.<br />

Auch stelle dieser Antrag einen besondere Vertrauensbeweis für den Bischof dar. So<br />

lautete denn seine Weisung:<br />

„Damit aber der angebotene Verzicht seine volle Rechtswirkung erlangt, möchte ich den<br />

Mitgliedern Eurer Kirchengemeinde, die vielleicht anderer Meinung sind, Gelegenheit<br />

geben, ihre Meinung zu äußern. Zu diesem Zweck wird in der Zeit vom Sonntag, dem<br />

16. Dezember, bis Sonntag, dem 23. Dezember 1962 einschließlich, im Pfarrhaus eine<br />

Liste aufliegen, in die sich jene eintragen mögen, die gegen den Verzicht auf das Pfarrerwahlrecht<br />

sind."<br />

Auch wurde die Möglichkeit eröffnet, die eigene Auffassung dem Generalvikariat schriftlich<br />

zu übermitteln. Mit solcher Weichenstellung war das Ergebnis der Abstimmung von<br />

vornherein klar: Die Vorlaufzeit war relativ kurz (das vom 13.12. datierte Schreiben konnte<br />

erst am Sonntag, dem 16.12. während der Gottesdienste verlesen werden) und die<br />

Zeichnungsfrist fiel in die geschäftige Vorweihnachtszeit. Den Gegnern der geplanten<br />

Neuregelung wurde erhebliche Zivilcourage abverlangt, insofern nämlich ihre abweichende<br />

Meinung nicht in geheimer Wahl mit den üblichen Rahmenbedingungen kundgetan<br />

werden konnte, sondern im Pfarrhaus durch Eintragen in eine Liste mit Unterschrift<br />

vorgebracht werden musste.<br />

So sprachen sich erwartungsgemäß lediglich zwölf wahlberechtigte Gemeindemitglieder<br />

gegen den Verzicht auf das Pfarrerwahlrecht aus, das der Gemeinde 180 Jahre lang zugestanden,<br />

das sie in den meisten Fällen auch ausgeübt und um dessen Beibehaltung<br />

sie in den Jahren 1938 und 1950 hartnäckig gekämpft hatte."<br />

Seit dieser Zeit fand in der Gemeinde St. Marien keine Pfarrerwahl mehr statt. Sie wurde<br />

auch nicht mehr angemahnt.<br />

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