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MARIEN pdf

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kommen, wobei:<br />

1. freie Auswahl seitens der kirchlichen Autorität,<br />

2. Präsentation durch eine physische oder juristische Person aufgrund eines Rechtstitels<br />

(Patronatsrecht), mehrere Möglichkeiten in Betracht kommen<br />

3. Wahl durch die Kirchengemeinde oder ein kirchliches Gremium,<br />

4. Postulation (bei dieser Sonderform der Wahl hat der Gewählte kein Anrecht auf<br />

Bestätigung durch die kirchliche Behörde)<br />

Der zweite Schritt, die „provisio canonica", beinhaltet die Übertragung des Kirchenamtes<br />

durch die zuständige Autorität. Die abschließende Besitzergreifung des Amtes -<br />

(possessio officii) - seitens des Bewerbers folgte dann als dritter Schritt<br />

Im Laufe der Kirchengeschichte erfolgte die Bestellung in das Pfarramt, wenngleich regional<br />

unterschiedlich, überwiegend durch den in eigener Verantwortung auswählenden<br />

Bischof. In minderem Maße anzutreffen war und ist auch die Wahrnehmung von Präsentationsrechten<br />

insbesondere durch Adelige, gelegentlich auch durch staatliche Stellen.<br />

Die heutige Situation, die durch den Codex Iuris Canonici (Gesetzbuch der katholischen<br />

Kirche) von 1983 bestimmt wird, sieht keine förmliche (Wahl-)Beteiligung der Gemeinde<br />

oder kirchlicher Ausschüsse vor; die Auswahl und Ernennung der Pfarrer werden allein<br />

durch den Ortsbischof vorgenommen. Ausnahmen hiervon aufgrund bestehender Rechte<br />

werden zugelassen.<br />

Derzeit steht in Deutschland wohl nur noch acht katholischen Gemeinden das Recht zu,<br />

ihren Pfarrer selbst zu wählen; von diesen liegen übrigens zwei in unmittelbarer Nähe<br />

Schwelms, nämlich St. Marien in Hagen und St. Johannes Baptist in Hagen-Boele. Erwähnt<br />

werden sollte in diesem Zusammenhang, dass der in Schwelm geborene, ehemalige<br />

Erzbischof von Paderborn, Kardinal Johannes Joachim Degenhardt, am 8. 3.1999<br />

durch den Erlass einer „Wahlordnung für die Pfarrerwahl auf Grund Gewohnheitsrecht<br />

im Erzbistum Paderborn" eine förmliche Anerkennung des jeweils bestehenden Pfarrerwahlrechts<br />

vollzog. Deren § 20 lautet: „Die Amtsübertragung erfolgt durch Bestätigung<br />

der Wahl und Ernennung durch den Erzbischof."<br />

Auf solchem Hintergrund erscheint es in der Tat als bemerkenswerter Sachverhalt, dass<br />

innerhalb der katholischen Pfarrgemeinde St. Marien Schwelm über lange Zeit hinweg,<br />

nämlich von 1782 bis 1962, das Recht der Pfarrerwahl bestand.<br />

Erstes Bittgesuch im Jahre 1775<br />

Ausgangspunkt war das damalige Bemühen eines Teils der Gemeinde, die Pfarrstelle<br />

mit dem Weltgeistlichen Nicolaus Ortmann zu besetzen. Dieser stammte aus Köln und<br />

war den Schwelmer Katholiken wohlbekannt, weil er früher als Kreuzherr im Beyenburger<br />

Kloster gelebt hatte. Das Unternehmen stellte aber insofern etwas Besonderes dar,<br />

als seit dem Jahre 1701 ausschließlich Ordensgeistliche als „patres missionarii“ in<br />

Schwelm gewirkt hatten. Dabei handelte es sich um Kreuzherren aus Beyenburg und<br />

Franziskaner aus Hardenberg.<br />

In erster Linie entsprang nun die Initiative der Gemeinde aus der Erfahrung, dass die<br />

Patres oft schon nach kurzer Zeit wegen schlechter Arbeitsbedingungen in einem sehr<br />

weitläufigen Pfarrgebiet bei nur geringen Einkünften von sich aus ihr Amt aufgaben bzw.<br />

von ihren Ordensoberen nach eigenen Entscheidungskriterien wieder abgezogen wurden<br />

(tatsächlich hatte es im Zeitraum von 1701 bis 1775 insgesamt 18 Pfarrer gegeben;<br />

im Durchschnitt blieben sie also lediglich etwa für vier Jahre).<br />

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