31.01.2018 Aufrufe

MARIEN pdf

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„Nebenwirkungen" des Pfarrerwahlrechts<br />

Mit dem vom König gewährten Recht der Pfarrerwahl waren auch unangenehme und<br />

schädliche Nebenwirkungen verbunden.` Zunächst ist darauf zu verweisen, dass, wie in<br />

einem Schreiben des Kirchenvorstandes vom 27. 9.1889 betont wird, „die Ausübung des<br />

der Gemeinde zustehenden Wahlrechts ziemlich Zeit in Anspruch nimmt". Infolge dessen<br />

entstanden häufig längere Vakanzen der Pfarrstelle, so dass z. B. Pfarrer Ekel im<br />

Jahre 1823 „vieles in Unordnung findet nach solch einer langen Vacatur".<br />

Weiterhin kam es im Gefolge der Pfarrerwahl zu schlimmen Streitigkeiten, Intrigen und<br />

Spaltungen in der Gemeinde. Dies fing, wie dargelegt, bereits in der Periode der Bemühungen<br />

um seine Erlangung an, entlud sich dann mehr oder weniger stark in den jeweiligen<br />

„Wahlkämpfen" und zeigte sich auch noch bei den Auseinandersetzungen anlässlich<br />

der späteren Initiativen zur Abschaffung dieses Rechts.<br />

Statt nun an dieser Stelle eine Vielzahl diesbezüglicher Quellen-Äußerungen zu zitieren,<br />

soll lediglich die Chronik-Eintragung des Pfarrers Padberg aus dem fahre 1860 wiedergegeben<br />

werden, da dies zusätzlich die negativen finanziellen Auswirkungen seiner<br />

Pfarrerwahl hervorhebt und darüber hinaus eine wohl einzigartige, aber von ihm selbst<br />

erlebte Nebenwirkung schildert:<br />

„Möchte doch die Gemeinde die Besorgung eines Pfarrers der geistlichen Behörde überlassen,<br />

denn abgesehen von den Intrigen und Unannehmlichkeiten, welche in der Regel<br />

mit einer Pfarrerwahl verbunden sind, kostet sie der armen Kirchenkasse viel Geld. Dem<br />

bischöflichen Kommissar musste der Kirchenvorstand 21 Thaler bezahlen, und die anderen<br />

damit verbundenen Ausgaben sind unberechenbar. Und wehe dem Keller des Geistlichen,<br />

der als Kaplan oder Pfarrverwalter hier zum Pfarrer gewählt wird! Außer den<br />

Wahlberechtigten finden sich nach der Wahl Unzählige ein, die dem Neupastor gratulieren<br />

und einer Libation (Trankopfer) entgegensehen. Bei meiner Gratulation waren sogar<br />

einige Individuen (Neider) selbst in den Keller gegangen, hervor langend Flaschen und<br />

Krüge. - Kurz, man ist an solchem Tag nicht Herr im Hause. Tollatur abusus! !"<br />

Padbergs angesichts solchen Geschehens zum Schluss geseufzter Herzenswunsch<br />

könnte übersetzt werden: Dieser Missbrauch gehört abgeschafft!<br />

Ein Konflikt um das Pfarrerwahlrecht im Jahre 1938<br />

Nach solchem Plädoyer eines leidgeprüften „Wahlsiegers" erfolgte eine erste Weichenstellung<br />

in die gewünschte Richtung anlässlich des Amtsverzichts von Pfarrer Müller<br />

zum 1.7.1938. Sie ging vom Kirchenvorstand aus. Zwar hatte das Paderborner Generalvikariat<br />

in aller Klarheit am 23. 5. geschrieben:<br />

„Die Pfarrgemeinde Schwelm nimmt bei der Wiederbesetzung ihrer zum 1. Juli erledigten<br />

Pfarrstelle das Recht der Pfarrerwahl in Anspruch. Da die Neubesetzung zum 1. Juli<br />

im Interesse der Gemeinde liegt, ersuchen wir, die Wahl alsbald vorzubereiten, so daß<br />

eine Vakanz vermieden wird."<br />

Gleichwohl nahm der Kirchenvorstand eine andere Haltung ein und schrieb nach entsprechendem<br />

Mehrheitsbeschluss in einer Sitzung vom 29. 5. (15 Ja Stimmen, zwei Enthaltungen)<br />

an das Generalvikariat:<br />

360

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!