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MARIEN pdf

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Das Geheimnis der grünen Stola<br />

„Die Illustrierte „Der Stern“ berichtet:<br />

Der Pfarrer von Sankt Marien in Herne sah seinen Besucher an, lächelte legte den Zeigefinger<br />

auf die verschlossenen Lippen und dachte nach. „Willi", fiel ihm schließlich ein,<br />

„Willi Jennemann, der Bruder von Josef." Prälat Christoph Allroggen hatte sich richtig<br />

erinnert. Vor der Pfarrhaustür in der Bochumer Innenstadt stand ein Veteran des katholischen<br />

Jungmännervereins der kleinen Stadt Schwelm (Kreisstadt des Ennepe<br />

Ruhr Kreises), deren Vikar Allroggen 1934 gewesen war. Ex-Jungmann Willi Jennemann,<br />

inzwischen auch schon 73, hatte im Ruhrwort, der Kirchenzeitung des Bistums<br />

Essen, die Meldung von Allroggens 85. Geburtstag gelesen und war mit dem Schnellbus<br />

von Schwelm nach Bochum gefahren. Denn jetzt, nach fast 60 Jahren, wollte er das<br />

„Geheimnis der grünen Stola" lüften.<br />

Prälat Christoph Allroggen<br />

mit der geheimnisvollen Stola<br />

Sommer 1934. Als Allroggen nach der<br />

Priesterweihe Vikar in Schwelm wurde,<br />

herrschte Karfreitagsstimmung unter der<br />

katholischen Jugend. Den Nazis war das<br />

christliche Milieu mit seinen eigenständigen<br />

Vereinen und Verbänden bei<br />

der Gleichschaltung der Gesellschaft im<br />

Wege. So überfiel die Hitlerjugend häufig<br />

auf dem Sportplatz die katholischen<br />

DJK-Fußballer und lieferte der Sturmschar<br />

des Jungmännervereins regelrechte<br />

Schlachten, bei denen die zahlenmäßig<br />

unterlegenen Katholischen gewöhnlich<br />

den kürzeren zogen.<br />

Die Schwelmer Jungmänner um Willi Jennemanns<br />

Bruder Josef - ihren Vorsitzenden<br />

- befürchteten, dass die Nazis ihre<br />

Gemeinschaft auflösen würden, wie sie es<br />

mit den Organisationen der Arbeiterjugend<br />

schon getan hatten. Jennemann wollte<br />

deshalb der Nachwelt Nachricht von ihrem Kampf geben. Er nutzte dazu den Namenstag<br />

des Vikars. Josef Jennemann, von Beruf Dekorateur, schneiderte Allroggen<br />

eine Priesterstola aus schwerem grünem Damaststoff und bestickte sie mit goldenen<br />

Kreuzen. Unter einem Kreuz nähte er den vorher erwähnten handgeschriebenen Brief<br />

ein, (Seite 193)<br />

Dem Beschenkten erzählte Jennemann nur, dass die Stola ein Geheimnis berge. Er solle<br />

gut auf sie achten.<br />

Der Vikar aus dem Westfälischen nahm das Geschenk mit, als er ein halbes Jahr später<br />

in eine Bergarbeitergemeinde nach Herne versetzt wurde, wo er mit den ebenfalls verfolgten<br />

Kommunisten gegen die Nazis zusammenarbeitete.<br />

Eine katholische Jugendzeitschrift, an der Allroggen anschließend mitarbeitete, wurde<br />

1939 von der Gestapo verboten. Mitsamt Stola trat er seine nächste Stelle als Stadtju-<br />

197

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