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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Nadine Bals<br />

2. Die Praxis des Täter-Opfer-Ausgleichs<br />

Der TOA wird in der Regel im Vorverfahren, vor der Anklageerhebung, eingeleitet,<br />

wobei die Erstanregung vornehmlich von Seiten der Amts- oder<br />

Staatsanwälte ausgeht. Die Bearbeitung erfolgt je nach Bundesland durch<br />

TOA-Fachstellen in freier Trägerschaft und/oder die sozialen Dienste der<br />

Justiz. Die Fallbeteiligten werden durch die bearbeitenden TOA-Vermittler<br />

zunächst angeschrieben und zu getrennten Vorgesprächen eingeladen, in deren<br />

Rahmen sie über das TOA-Verfahren und die Rolle des Vermittlers informiert<br />

werden und ihnen die Möglichkeit gegeben wird, den Fall aus ihrer<br />

Sicht darzustellen und eigene Interessen und Erwartungen zu klären. Besteht<br />

bei beiden Parteien die Bereitschaft, sich auf einen Ausgleichsversuch einzulassen,<br />

kommt es entweder zu einem Ausgleichsgespräch zu dritt oder <strong>–</strong><br />

wenn einer der Beteiligten eine persönliche Begegnung ablehnt <strong>–</strong> zu einer<br />

indirekten Vermittlung im Wege der so genannten shuttle diplomacy, d.h.<br />

ohne persönliches Aufeinandertreffen der Parteien. Am Ende eines positiv<br />

abgeschlossenen Ausgleichsverfahrens steht die von Opfer und Täter freiwillig<br />

und autonom erarbeitete Wiedergutmachungsvereinbarung. Die vereinbarten<br />

Leistungen und Regelungen sind dabei ausschließlich von Opfer und<br />

Täter festzulegen; Vorgaben von Seiten der bearbeitenden Vermittler oder<br />

der zuweisenden Amts- oder Staatsanwälte laufen dem Prinzip der Parteiautonomie<br />

entgegen.<br />

Die benefits des Täter-Opfer-Ausgleichs sind mittlerweile gut belegt. Zum<br />

einen weisen Untersuchungen aus, dass der TOA ganz überwiegend positiv<br />

abgeschlossen werden kann, wenn sich die Parteien einmal auf einen Ausgleichsversuch<br />

einlassen: In 82 % bis 87 % der Fälle kann im TOA eine einvernehmliche<br />

Regelung gefunden werden, in weiteren 2,8 % bis 4,6 % der<br />

Fälle ist zumindest eine teilweise Regelung möglich. 1 In lediglich 10,1 % bis<br />

13,3 % der Fälle scheitert das Ausgleichsverfahren, weil keine Regelung gefunden<br />

werden kann (Bals, Hilgartner & Bannenberg 2005: 83f., Kerner &<br />

Hartmann 2008: 31). Die getroffenen Wiedergutmachungsvereinbarungen<br />

sind von hoher Verbindlichkeit für die Beteiligten: In 87,5 % bis 90 % der<br />

Fälle werden die vereinbarten Leistungen bzw. Regelungen vollständig oder<br />

zumindest teilweise erbracht bzw. eingehalten (Bals, Hilgartner & Bannenberg<br />

2005: 87, Kerner & Hartmann 2008: 34).<br />

1 D.h., es konnte nicht in allen Aspekten eine einvernehmliche Regelung gefunden werden<br />

<strong>–</strong> beispielsweise nur die immaterielle, nicht aber die materielle Seite der Tatfolgen geklärt<br />

werden <strong>–</strong> oder einer der Beteiligten behielt sich rechtliche Schritte vor.

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