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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Zur variablen Rationalität jugendlicher Gewalttäter 65<br />

ziehung der Überlegungen Howard B. Kaplans möglich: Der Autor geht davon<br />

aus, dass delinquentes bzw. gewalttätiges Handeln ein mögliches Mittel<br />

ist, ein negatives Selbstkonzept zu vermeiden oder abzubauen und auf verschiedene<br />

Weisen Anerkennung und Akzeptanz in Bezugsgruppen zu gewinnen.<br />

33<br />

Ausgangspunkt der weiteren theoretischen Konzeption sind damit Problemsituationen,<br />

die negative Emotionen (anger) hervorrufen und die zumindest<br />

eine gewalttätige Problemlösungsstrategie in den Raum stellen, auch wenn<br />

diese bei weitem nicht von allen Jugendlichen umgesetzt wird.<br />

Durch die bisher angestellten Überlegungen kann allerdings noch nicht die<br />

Klärung der Frage gelingen, warum Jugendliche durch die Belastung mit<br />

problematischen Situationen in Tätergruppen fallen, die sich durch verschiedene<br />

Gewaltintensitäten auszeichnen. Zur theoretischen Begründung dieser<br />

Unterschiede wird auf eine weitere, soziologische Handlungstheorie zurückgegriffen,<br />

nämlich die Frame-Selektions-Theorie (FST) von Hartmut Esser 34<br />

bzw. deren Weiterentwicklung, das Modell der Frame-Selektion (MFS) von<br />

Clemens Kroneberg. 35 Diese Modelle basieren auf dem Paradigma der Rational-Choice-Theorien,<br />

jedoch werden sie um die Möglichkeit einer variablen<br />

Rationalität erweitert. So können auch Phänomene, die nur schwer als<br />

(subjektiv) rational zu bezeichnen sind, einer Analyse in diesem theoretischen<br />

Kontext unterzogen werden. Eine Handlung innerhalb eines bestimmten<br />

situationalen Rahmens kann dann entweder in einem rational-kalkulierenden<br />

(rc) Modus oder einem automatisch-spontanen (as) Modus stattfinden.<br />

Wann welcher Modus zur Anwendung kommt, ist anhand konkreter<br />

theoretischer Regeln festgelegt.<br />

33 Kaplan, H. B.: Toward a general theory of psychosocial deviance: The case of aggressive<br />

behavior. Social Science & Medicine, 1972, 6, S. 593<strong>–</strong>617; Kaplan, H. B.: Psychological<br />

Stress from the Perspective of Self Theory. In: H. B. Kaplan (Hrsg.),<br />

Psychosocial Stress. Perspectives on Structure, Theory, Life-Course, and Methods. San<br />

Diego, New York, Boston 1996, S. 175<strong>–</strong>244.<br />

34 Esser, H.: How „Rational“ Is the Choice of „Rational Choice“? Rationality and Society,<br />

1993, 5 (3), 408<strong>–</strong>414; Esser, H.: Soziologie. Spezielle Grundlagen. Band 6: Sinn und<br />

Kultur. Frankfurt, New York 2001.<br />

35 Kroneberg, C.: Die Definition der Situation und die variable Rationalität der Akteure.<br />

Ein allgemeines Modell des Handelns. Zeitschrift für Soziologie, 2005, 34, S. 344<strong>–</strong>363;<br />

Kroneberg, C.: Wertrationalität und das Modell der Frame-Selektion. Kölner Zeitschrift<br />

für Soziologie und Sozialpsychologie, 2007, 59 (2), S. 215<strong>–</strong>239.

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