09.12.2012 Aufrufe

Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

64<br />

Daniela Pollich<br />

5. Theoretischer Erklärungsansatz und empirische<br />

Überprüfung<br />

Doch dient die dargestellte Täterklassifikation nicht in erster Linie einem<br />

Selbstzweck; vielmehr soll die Zugehörigkeit zu den ermittelten Täterklassen<br />

in einem weiteren Schritt theoretisch beleuchtet werden. Nachgegangen<br />

wird hier insbesondere der Frage, ob sich die Mechanismen, die Gewalthandeln<br />

in der Klasse der Intensivtäter verursachen, in ihrer Art von den Mechanismen<br />

unterscheiden, die Gewalthandeln in der Gruppe der weniger schweren<br />

Täter bedingen oder die Nicht-Täter davon abhalten, überhaupt Gewaltdelikte<br />

zu begehen.<br />

Ausgangspunkt ist der in der Literatur zum Thema Intensivtäter gelegentlich<br />

berichtete deskriptive Befund, dass sich besonders auffällige Täter oftmals<br />

durch massive und multiple psychosoziale Problembelastungen auszeichnen.<br />

30 Diese Beobachtung soll nun kausal mit dem Phänomen der intensiven<br />

Begehung von Gewaltdelikten in Verbindung gebracht werden. Um alltägliche<br />

Problembelastungen Jugendlicher analytisch fassbar zu machen, wird<br />

die kognitive Emotionstheorie von Richard S. Lazarus 31 herangezogen. Diese<br />

liefert hier die Grundlage des Verständnisses jugendtypischer Alltagsprobleme:<br />

Es handelt sich vor allem um subjektiv wahrgenommene Belastungen,<br />

die durch kognitive Bewertungsprozesse einer Umweltsituation entstehen.<br />

Aus diesen Bewertungsprozessen resultieren wiederum bestimmte<br />

Emotionen; im Falle des hier interessierenden Gegenstandes sind dabei ausschließlich<br />

unangenehme, negative Emotionen von Relevanz, die ein<br />

Jugendlicher in der Folge abzuwenden versucht. In den besagten jugendtypischen<br />

Problemsituationen wird hier ein (als solcher empfundener) Angriff<br />

auf das Selbstkonzept eines Jugendlichen gesehen, was in der Emotion anger<br />

resultiert. 32<br />

Die Bemühungen, sich derartiger negativer Emotionen zu entledigen, werden<br />

von Lazarus als Coping bezeichnet. Zur Erklärung, weshalb gerade Gewalthandeln<br />

als eine mögliche Strategie herangezogen wird, um negative<br />

Emotionen bzw. anger abzuschwächen, ist anhand einer ergänzenden Einbe-<br />

30 Kunkat, A.: Junge Mehrfachauffällige und Mehrfachtäter in Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Eine empirische Analyse. Godesberg 2002; Steffen, W.: Junge Intensivtäter <strong>–</strong> Kriminologische<br />

Befunde. Bewährungshilfe, 2004, 51 (1), S. 62<strong>–</strong>72.<br />

31 Lazarus, R. S.: Psychological Stress and the Coping Process. New York 1966; Lazarus,<br />

R. S. & Folkman, S.: Stress, Appraisal, and Coping. New York 1984; Lazarus, R. S.:<br />

Emotion and Adaptation. New York 1991.<br />

32 Lazarus, R. S.: Emotion and Adaptation. New York 1991.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!