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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Esther Vornholt<br />

genüber sich selbst“ und - so die Aussage - kann sich nicht (mehr?) verändern.<br />

5. Konsequenzen<br />

Die skizzierten Verlaufsprozesse verdeutlichen, dass potentielle Ansatzpunkte<br />

resozialisierender Elemente auf frühzeitige Interventionen angelegt<br />

werden müssen, da die gegenwärtige Selbstdarstellung gegenüber „re“(?)integrierenden<br />

Maßnahmen eine gewisse selbstbilddienliche Resistenz entwickelt<br />

hat, was (sozial-)pädagogische Eingriffe bestenfalls verkompliziert.<br />

Der Ausgangspunkt einer „primären“ Stigmadiffusion, der die delinquenten<br />

Handlungen lediglich als „Nebenprodukt“ behandelt, könnte ein erster Ansatz<br />

sein, um ein alternatives Management zu initiieren, wobei darauf hinzuweisen<br />

ist, dass sich (sozial-)pädagogische Maßnahmen nicht auf gesellschaftliche<br />

Anpassungsleistungen reduzieren sollten. Der Strafvollzug hingegen<br />

kann dieser Entwicklung, die sich aus der Entfremdung von der Gesellschaft<br />

speist, nichts entgegensetzten. Um die Einstellungen und Wahrnehmungsmuster<br />

der jungen Männer aufzubrechen, bedarf es positiver Erfahrungswerte<br />

in der Gesellschaft, die das Erleben von Achtung, menschlicher<br />

Würde und Zugehörigkeit ermöglichen; ob dies jedoch vor der skizzierten<br />

Entwicklung überhaupt möglich ist, darf bezweifelt werden <strong>–</strong> Es<br />

muss aber spätestens an dieser Stelle die Frage aufgeworfen werden, wie<br />

„Re-Sozialisierung“ überhaupt in diesem (End-?) Stadium zu gestalten ist.<br />

Die vorherrschenden sozialpolitischen Entwicklungen mit ihren schärfer<br />

werdenden Mechanismen gesellschaftlicher „Ausgrenzung“ - entgegen der<br />

anfänglich erwähnten „Chancenreduktion“ oder „Beschränkung“ sozialer<br />

Teilhabe -, während gleichzeitig strafrechtspolitisch wie Wacquant (2009) es<br />

treffend ausdrückt, der Strafvollzug als „Staubsauger zur Entsorgung des<br />

„Sozialmülls“ 8 seinen Triumphzug antritt und immerhin eine „inkludierende<br />

Desintegration“ übernimmt, machen hingegen reproduzierende Reaktionsweisen<br />

gegenseitiger Missachtung weitaus wahrscheinlicher. Das Problematische<br />

an dieser dargelegten Konstellation ist nämlich darin zu finden,<br />

dass der oppositionelle Konflikt immer auch notwendiges Element des<br />

Verhältnisses selbst ist: Der Konflikt gibt (uns) das Gefühl, eben nicht völlig<br />

unterdrückt zu sein. 9<br />

8 Wacquant, L. : Bestrafung der Armen. Zur neoliberalen Regierung der sozialen Unsicherheit.<br />

Opladen & Farmington Hills 2009.<br />

9 Simmel, G.: Soziologie. Untersuchung über die Formen der Vergesellschaftung. Gesamtausgabe<br />

Bd. II, Frankfurt a.M. 1999, S.290.

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