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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Werden Strafen immer härter? 211<br />

bei den IR waren 2005 Moldawien und Schottland (631 bzw. 754; bei GR<br />

von 227 bzw. 149, vgl. Dünkel 2010).<br />

Veränderungen der GR können durch eine Veränderung der IR oder der Verweildauer<br />

auftreten. Daher ist die Strafpraxis in jeweils dieser Hinsicht zu<br />

reflektieren. Zugleich wird deutlich, dass eine Reduzierung von Gefangenenraten<br />

durch spezifische „Front-Door“-oder „Back-Door“-Strategien oder<br />

eine Mischung derselben bewirkt werden kann (vgl. zum Beispielsfall von<br />

Finnland LappiSeppälä 2007; 2010), also durch die Ausweitung von alternativen<br />

Sanktionen (Reduzierung der IR) oder die Verkürzung der Verweildauer<br />

(Senkung von Strafrahmen, Ausweitung der bedingten Entlassung), im<br />

ungünstigen Fall beruht ein Anstieg der Gefängnispopulation auf genau den<br />

gleichen Faktoren.<br />

Derartigen Veränderungen soll im Folgenden nachgegangen werden: Gesetzliche<br />

Vorgaben (Strafrechtsverschärfungen) und ihre Auswirkungen in<br />

der Sanktionspraxis bzgl. Verurteilungen, vorzeitigen Entlassungen, wobei<br />

der internationale sowie nationale (Bundesländer-)Vergleich, soweit Daten<br />

vorhanden sind, einbezogen wird.<br />

2. Strafrechtsreformen im Bereich des Sanktionenrechts<br />

und Verschärfungen des materiellen Strafrechts<br />

In Deutschland war die sog. Große Strafrechtsreform von 1969 bzw. 1975<br />

von herausragender Bedeutung für das Sanktionensystem und die Sanktionspraxis.<br />

Das 1. Strafrechtsreformgesetz von 1969 brachte neben der Formulierung<br />

der Strafzumessungsgrundsätze die Einheitsfreiheitsstrafe und die<br />

Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Strafaussetzung zur Bewährung.<br />

Durch das 2. Strafrechtsreformgesetz von 1975 wurde die Geldstrafe auf das<br />

Tagessatzsystem umgestellt, daneben wurden die Verwarnung mit Strafvorbehalt<br />

(§ 59 StGB) und die Führungsaufsicht geschaffen. 1975 wurden auch<br />

die grundlegenden strafprozessualen Möglichkeiten geschaffen, vom strikten<br />

Legalitätsprinzip im Bereich der kleinen Kriminalität abzuweichen: Die<br />

Möglichkeiten der Staatsanwaltschaft mit oder ohne Auflagen das Strafverfahren<br />

einzustellen, wurden beträchtlich erweitert. Die als „informelle Sanktionen“<br />

bzw. „Diversion“ bezeichneten Rechtsfolgen der § 153 ff. StPO beinhalten<br />

inzwischen auch das weite Feld der Mediation, die im deutschen<br />

Sprachgebrauch als Täter-Opfer-Ausgleich firmiert (vgl. § 153a I Nr. 1 und<br />

5 StPO). Die Wiedergutmachung und der Täter-Opfer-Ausgleich können

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