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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Werden Strafen immer härter? 229<br />

als Entlassung gezählt wird, von Anstalt zu Anstalt und im Ländervergleich<br />

variiert. 7<br />

Die Zahlen der Strafvollzugsstatistik besagen im Übrigen nichts in Anbetracht<br />

der zeitweise über 40.000 Entlassungen nach Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe,<br />

bei der eine vorzeitige Entlassung rechtlich 8 und faktisch<br />

nicht in Betracht kommt. Rechnet man diese Fälle nicht aussetzungsfähiger<br />

Strafen heraus, so dürfte der Anteil vorzeitiger Entlassungen bei ca. 60 %<br />

liegen. Anhand empirischer Einzeluntersuchungen z. B. in Schleswig-Holstein<br />

und Berlin kann man davon ausgehen, dass bei längeren Freiheitsstrafen<br />

als ein Jahr ca. zwei Drittel der Gefangenen in den 1970er und 1980er<br />

Jahren bedingt entlassen wurden. Mit zunehmender Straflänge wächst die<br />

Chance, irgendwann doch noch einen Strafrest ausgesetzt zu bekommen<br />

(vgl. Dünkel 1992). In der Untersuchung bzgl. Schleswig-Holstein wurden<br />

63 % der erwachsenen Männer und 94 % im Frauenvollzug, im Berliner<br />

Frauenvollzug 61 % der Gefangenen mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe<br />

vorzeitig entlassen. 9 Diese Zahlen deuten bereits die nicht nur in föderalen<br />

Staaten erheblichen regionalen Disparitäten an.<br />

Obwohl der Gesetzgeber 1998 die Voraussetzungen der bedingten Entlassung<br />

nicht verschärfen wollte (s. o.), sondern nur Klarstellungen einfügte,<br />

die dem Eindruck, dass in der Praxis leichtfertig zum Risiko der Bevölkerung<br />

entlassen werde, vorbeugen sollten, war vermutet worden, dass die Praxis<br />

nunmehr restriktiver verfahren werde. Eine Erhebung der monatlich erhobenen<br />

Daten der Strafvollzugsstatistik für den Zeitraum vor und nach der<br />

Gesetzesänderung im Jahr 1998 durch Cornel (2002, S. 430 ff.) hat jedoch<br />

insgesamt keine wesentlichen Veränderungen der Aussetzungspraxis in<br />

Deutschland ergeben, wenngleich nicht auszuschließen ist, dass insbesondere<br />

bei bestimmten (quantitativ weniger bedeutsamen) Tätergruppen wie Gewalt<strong>–</strong><br />

oder Sexualtätern die Praxis restriktiver geworden ist (z. B. durch<br />

spätere vorzeitige Entlassungen nach vier Fünftel anstatt zwei Drittel der<br />

Strafe etc.). 10<br />

7 z. T. wurden offenbar auch Beendigungen einer Strafe bei nachfolgenden Anschlussvollstreckungen<br />

als Entlassungen gezählt, obwohl der Gefangene faktisch nicht entlassen<br />

wurde.<br />

8 Nach h. M., vgl. Dünkel 2010b, § 57 Rn. 4 m. w. N.<br />

9 Vgl. Dünkel 1992, S. 287, 418; ähnlich Laule (2009, S. 150 ff, 154) für den Baden-<br />

Württembergischen Langstrafenvollzug: 75% bedingte Entlassungen im Jahr 2001, bei<br />

erwachsenen Männern: 66 %, im Frauenvollzug 88 %.<br />

10 So auch Heinz 2007, S. 107 und 121. In der Untersuchung von Laule in Baden-<br />

Württemberg ergab sich, dass von den Entscheidungen nach § 57 Abs. 1 StGB nur 72 %

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