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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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494<br />

Esther Vornholt<br />

4. Der Blick auf die Gesellschaft „da draußen“<br />

Soziale Desintegration, fehlende soziale Bindungen und eine daraus resultierende<br />

„distanzierte Wahrnehmung“ der Gesellschaft, angereichert mit negativen<br />

biographischen Erfahrungswerten bedingen eine feindselige und verachtende<br />

Einstellung gegenüber der Menschheit, die mit Hilfe moralischer<br />

Argumentationsfiguren gerechtfertigt wird.<br />

4.1 Gesellschaftliche „Doppelmoral“ und Reproduktionszyklen<br />

Der Gesellschaft wird mit Hassempfinden gegenübergetreten, welches aus<br />

dem Egoismus bzw. der Selbstbezogenheit der Menschen und einer daran<br />

anschließenden Hilfeverweigerung resultiert. Zusätzlich werden strukturell<br />

(bürokratisch) angelegte Ungerechtigkeiten als individuelle Identitätsbedrohung<br />

virulent, indem das Subjekt die direkten Konsequenzen in der Alltagsgestaltung<br />

selbst zu verarbeiten hat und die damit verbundene diskriminierende<br />

Defizitzuschreibung, die unmittelbar an der „primären“ Stigmadiffusion<br />

andockt, einer effektiven Regulierung zuführen muss. So werden die<br />

Strafentlassenen einerseits mit Anforderungen im Kontext der „Grundsicherung<br />

für Arbeitssuchende“ (ALG II) konfrontiert, die sie teilweise gar nicht<br />

erfüllen können, andererseits ist Unwissenheit unweigerlich Sanktionsanlass<br />

der Institutionen, die nur mit dem Hinweis quittiert werden:<br />

G.: [...] Tja! Müssen sie schaun, das ist Ihr Problem! (1) Hab ich gesagt:<br />

Wollt ihr mich jetzt verarschen oder was? (Michael WI-I)<br />

Oder in einem anderen Zusammenhang:<br />

G.: Auch weil, (1) nix zu haben, des ist gar nichts, weißte? Und, und, wenns<br />

zum Arbeitsamt gehst, ey ich hab kei Wohnung, helft mir mal irgendwo hier,<br />

sagen die: Tja, Pech gehabt! (2) Und vor allem, wenns noch son fettes<br />

Schwein ist wo man da rein geht, seit nen paar Tagen nichts gegessen und<br />

ist drauf wie ne Haubitze und so, na ja, könns mir net helfen und so?<br />

Ähähah. Können sie nicht mal freundlich sein? Ähähä, dann mault er dich<br />

noch an, nee? (.) Pff, dann flipp ich halt auch aus, weißt? Bin ich auch<br />

ausgeflippt, hab sie halt angeschrien, weil das ist mir dann auch zu grob,<br />

weil, das, das, was die abziehen, das ist Wahnsinn. (Leise) (3) (Michael WI-<br />

I)<br />

Die vorenthaltende existenzielle Unterstützung von Seiten der Gesellschaft<br />

oder des „Sozialstaates“ wird als Ignoranz gegenüber subjektiver Hilfsbe-

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