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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Aspekte der Sicherungsverwahrung im Straf- und Maßregelvollzug 305<br />

sich bei der nachträglichen Sicherungsverwahrung um eine Regelung handele,<br />

die nur wenige betreffe: Die enge Begrenzung des Anwendungsbereichs<br />

des § 66b StGB könne gewährleisten, dass die Maßnahme der nachträglichen<br />

Sicherungsverwahrung „nur in besonderen Ausnahmefällen in<br />

Betracht kommt und auf einige wenige Verurteilte beschränkt bleibt und<br />

somit als verhältnismäßige Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden<br />

ist“. 33 Hiergegen ist auf Basis der empirischen Erkenntnisse Folgendes<br />

einzuwenden: Die Annahme, dass von der nachträglichen Sicherungsverwahrung<br />

nur wenige betroffen seien, kann man allenfalls dann als<br />

zutreffend bezeichnen, wenn man den Blick ausschließlich auf den Ertrag<br />

dieser Vorschrift richtet (gut zwei Betroffene pro Jahr). Erweitert man<br />

hingegen den Blickwinkel und bezieht die dargestellten Auswirkungen der<br />

nachträglichen Sicherungsverwahrung auf den Strafvollzug in die Betrachtung<br />

ein, zeigt sich, dass es sich bei der bundesverfassungsgerichtlichen<br />

Annahme um eine Fehleinschätzung handelt. Betroffen sind dann<br />

nicht wenige, sondern Tausende, nämlich alle „f.V.n.SV-Gefangenen“ sowie<br />

zahllose Anstaltsbedienstete, und überdies das Haftklima.<br />

Der Befund, dass die tatsächlichen Auswirkungen der nachträglichen Sicherungsverwahrung<br />

weitaus gravierender sind, als bislang angenommen, könnte<br />

eine andere verfassungsgerichtliche Bewertung der Frage, ob es sich bei<br />

§ 66b StGB um eine verhältnismäßige Regelung handelt, rechtfertigen. So<br />

ist zu bezweifeln, dass es tatsächlich angemessen ist, tausende Strafgefangene,<br />

allein aufgrund eines abstrakten Merkmals („f.V.n.SV“), das für sich genommen<br />

nichts über die künftige Gefährlichkeit einer Person aussagt, gesondert<br />

zu erfassen, zu etikettieren (Gefangenenpersonalakte), permanent während<br />

der Haftzeit zu beobachten, dadurch in Angst zu versetzen und in ihrem<br />

Bemühen um Resozialisierung zu behindern, um im Ergebnis zu erreichen,<br />

dass etwa zwei gefährliche Straftäter pro Jahr nicht in die Freiheit entlassen<br />

werden. Kreuzer hat dies zu Recht als einen „grotesken Filterprozess“ bezeichnet.<br />

34<br />

33 BVerfG NJW 2006, 3483 ff. (3484).<br />

34 Kreuzer, 2006, 145 ff. (151).

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