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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Daniela Pollich<br />

Von wesentlicher Bedeutung für die Umsetzung bestimmter Handlungen<br />

sind weiterhin die sogenannten Skripte. 36 Diese stellen mental verankerte<br />

Handlungsprogramme oder -abläufe dar, die mit bereits erlebten Situationen<br />

kognitiv verbunden sind. Handelt ein Akteur automatisch-spontan, werden<br />

diese Handlungsroutinen ohne Berücksichtigung möglicher Konsequenzen<br />

umgesetzt. Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit einer solchen automatischspontanen<br />

Umsetzung unter anderem mit der Stärke der kognitiven Verankerung<br />

eines Skripts. In Fällen, in denen Jugendliche keine passenden (gewalthaltigen<br />

oder auch friedlichen) Handlungsroutinen verinnerlicht haben, mit<br />

denen sie problembelastete, potentiell gewalttätige Situationen lösen können,<br />

kommt es tendenziell eher zu einer überlegten <strong>–</strong> subjektiv rationalen <strong>–</strong> Entscheidung<br />

für oder gegen Gewaltanwendung unter Einbeziehung möglicher<br />

Vor- und Nachteile dieses Handelns. Es wird also ein Ansatz generiert, mit<br />

dessen Hilfe (gewalttätiges) Handeln in emotional aufgeladenen Problemsituationen<br />

erklärt werden soll. Konkret sind im vorliegenden Kontext folgende<br />

Formen der Bewältigung denkbar: Es kann dazu kommen, dass automatisch-spontan<br />

ein gewalthaltiges Skript umgesetzt wird, es kann aber auch<br />

der Fall sein, dass ein Jugendlicher im rational-kalkulierenden Modus entweder<br />

trotz des Wissens um mögliche Strafen gewalttätig handelt, oder dies aus<br />

Furcht vor negativen Sanktionen unterlässt.<br />

Die zentrale Frage ist nun, ob diese Typologie des Handelns in emotional<br />

aufgeladenen Situationen auch systematisch und wiederholt auf verschiedene<br />

Handelnde zutrifft, d.h. ob Angehörige verschiedener Täterklassen sich<br />

dadurch unterscheiden, dass sie Gewalthandeln in überwiegendem Maße<br />

entweder automatisch-spontan oder rational-kalkulierend ausüben.<br />

Es wird dabei konkret überprüft, ob es sich bei den intensiven Gewalttätern<br />

um Jugendliche handelt, die durch die starke Internalisierung gewalthaltiger<br />

Skripte in nahezu allen problematischen, emotional aufgeladenen Alltagssituationen<br />

automatisch-spontan zu Gewalt greifen und die möglichen Kosten<br />

dieser Handlungs-Selektion übersehen. Da angenommen wird, dass Intensivtäter<br />

sich insbesondere durch eine Umsetzung gewalthaltiger Skripte ohne<br />

die Berücksichtigung möglicher Sanktionen auszeichnen, kann � anders formuliert<br />

� auch vermutet werden, dass es sich bei diesen Jugendlichen um<br />

nicht abschreckbare Täter handelt, denen mögliche Konsequenzen ihrer Tat<br />

36 Schank, R. C. & Abelson, R. P.: Scripts, Plans, Goals and Understanding. An Inquiry Into<br />

Human Knowledge Structures. Hillsdale, NJ 1977; Abelson, R. P.: Psychological Status<br />

of the Script Concept. American Psychologist, 1981, 36, S. 715<strong>–</strong>729.

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