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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Frieder Dünkel<br />

ger als 20 Jahre einsitzen sowie ggf. faktisch sogar bis zum Lebensende im<br />

Vollzug verbleiben. Man wird jedenfalls auch aus diesen Zahlen nicht auf<br />

eine restriktivere, sondern eher auf eine (selbst bei Betrachtung des Zeitraums<br />

seit Anfang der 1980er Jahre) weitgehend unveränderte Entlassungspraxis<br />

schließen dürfen (vgl. hierzu auch Dünkel 2010b, § 38 Rn. 29, 34-36).<br />

5.3 Bedingte Entlassung aus dem Maßregelvollzug<br />

Nicht nur wegen der gesetzlichen Neuregelungen seit 1998 (s. o.) wird angenommen,<br />

dass die bedingte Entlassung aus dem Maßregelvollzug restriktiver<br />

geworden ist. Anhaltspunkte liefert zunächst der enorme Belegungszuwachs<br />

im Maßregelvollzug. Im Zeitraum von 1991-2008 hat sich die stichtagsbezogene<br />

Belegung in den alten Bundesländern nahezu verdreifacht (von knapp<br />

2.500 auf ca. 6.300, vgl. Dünkel/Morgenstern 2010).<br />

Verschiedene Studien der Kriminologischen Zentralstelle belegen, dass die<br />

Entlassungspraxis zurückhaltender bzw. unter dem Eindruck massenmedialer<br />

Inszenierungen von Einzelfällen risikoscheuer geworden ist. Der dadurch<br />

bewirkte „Entlassungsstau“ hat dazu geführt, dass sich die Verweildauer im<br />

Psychiatrischen Krankenhaus deutlich erhöht hat. Allein im Zeitraum 2002-<br />

2006 stieg die durchschnittliche Verweildauer der aus der Maßregel des § 63<br />

StGB Entlassenen von 5,4 auf 7,1 Jahre (Median von 4,5 auf 5,9 Jahre) an<br />

(vgl. Dessecker 2005, S. 26; 2008, S. 35, 88). Ähnliche Ergebnisse hatten<br />

sich schon in Berechnungen des niedersächsischen Sozialministeriums abgezeichnet:<br />

danach stieg die durchschnittliche Verweildauer von 4,2 Jahren<br />

1990 auf 6,5 Jahre im Jahr 2002.<br />

Nach den Angaben von Koller ist die Zahl der Entlassungen aus dem psychiatrischen<br />

Maßregelvollzug im Vergleich zum Zeitraum vor 1998 um die<br />

Hälfte zurückgegangen (vgl. Koller 2004, S. 238).<br />

Auch hier mag man einwenden, dass es alternative Erklärungsmöglichkeiten<br />

gibt, wie etwa ein verändertes Gefährlichkeitspotenzial von Untergebrachten,<br />

jedoch sind dies mangels ausreichender empirischer Untersuchungen<br />

nur Vermutungen. Die Erfahrungsberichte psychiatrischer Praktiker und<br />

auch Analysen von Prognosegutachten (vgl. Herschbach 2009) belegen vielmehr<br />

die zurückhaltendere Einschätzung seitens der Psychiater bzw. Gutachter<br />

und in der Folge der Entscheidungen der Vollstreckungskammern. Ob<br />

damit wirklich „falsch negative“ Beurteilungen vermindert werden können<br />

und weniger häufig als prognostisch günstig Beurteilte, in Wahrheit jedoch

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