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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Klaus Bott und Kerstin Reich<br />

eine heterogene Personengruppe bilden. Die Unterschiede sind zum einen<br />

persönlichkeitsbedingt, zum anderen werden sie in den individuellen Konstellationen<br />

von psychosozialen Belastungen während des Aufwachsens und<br />

in der aktuellen Lebensphase deutlich. Die interviewten MIT berichteten<br />

häufig unabhängig von der Zusammensetzung der Herkunftsfamilie von<br />

einer problematischen Kindheit. Dies umfasst neben schlechten psychosozialen<br />

und prekären Aufwachsbedingungen auch einzelne, für den Lebensverlauf<br />

kritische Ereignisse. 46 % der MIT sind bei beiden leiblichen Elternteilen<br />

aufgewachsen. Ein Fünftel der MIT wuchs mit einem allein erziehenden<br />

Elternteil auf. Bei den übrigen MIT liegt eine andere Aufwachssituation<br />

(z.B. im Heim oder bei den Großeltern) vor. Während sich bei den Eltern nur<br />

in wenigen Fällen Hinweise auf Drogenabhängigkeit oder Kriminalität in<br />

den Akten der MIT feststellen ließen, sind bei etwa einem Drittel der MIT<br />

(34 %) die Geschwister bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten. Was<br />

die Bildungs- und Ausbildungssituation betrifft, liegt das Bildungsniveau<br />

deutlich unter dem der allgemeinen Bevölkerung. 40 % der MIT verfügen<br />

über einen Hauptschulabschluss. 35 % verlassen die Schule ohne Abschluss,<br />

was die weitere berufliche Laufbahn häufig so beeinträchtigt, dass die<br />

meisten keine Ausbildung absolvieren und in der Folge auch wenig Chancen<br />

haben, auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen und ein legales Einkommen<br />

zu erzielen. Das soziale Umfeld der MIT ist häufig in der Nähe des kriminellen<br />

Milieus angesiedelt, was sich daran zeigt, dass 86 % im Laufe ihrer<br />

kriminellen Karriere enge Kontakte und Freundschaften zu anderen Delinquenten<br />

pflegen. Ein knappes Viertel (23 %) hat sich einer Clique <strong>–</strong> mutmaßlich<br />

einer problematischen Clique <strong>–</strong> angeschlossen und 4 % gehören<br />

einer Gang an. Auch partnerschaftliche Beziehungen stellen sich weniger<br />

unterstützend als vielmehr belastend im Hinblick auf das Verhindern einer<br />

kriminellen Lebensführung dar: 27 % haben laut Akten eine feste Partnerin/einen<br />

festen Partner, wobei zwei von fünf dieser Partner ebenfalls<br />

straffällig sind. Bei den drogenabhängigen MIT mit Partner/in war diese/r in<br />

37 % der Fälle auch Drogenkonsument. Persönliche Probleme wie eine Abhängigkeit<br />

von psychotropen Substanzen verschärfen die bereits genannten<br />

Problemlagen und wirken sich in erheblichem Umfang kriminalitätsbegünstigend<br />

aus: Die Dynamik scheint in erster Linie darin zu bestehen, dass<br />

durch den Suchtmittelkonsum die Hemmschwelle für die Straftatbegehung<br />

gesenkt wird. Insgesamt wurde bei fast zwei Dritteln (58 %) in den Akten<br />

eine Drogenabhängigkeit vermerkt, bei 15 % fanden sich deutliche Hinweise<br />

auf eine Alkoholabhängigkeitserkrankung.

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