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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Arthur Kreuzer<br />

§§ 66-66 b StGB erarbeiteten „Checkliste zur Prüfung der formellen Voraussetzungen<br />

der nachträglichen Sicherungsverwahrung“ bei Strafantritt von<br />

Vollstreckungs- und Vollzugsbehörden die „formellen Voraussetzungen“ der<br />

nSV sogleich geprüft und in der Vollstreckungsakte vermerkt werden<br />

(„f.V.nSV“). Dies bedeutet zugleich ein Stigma. Im Hinblick auf mögliche<br />

spätere Anordnungsverfahren müssen bei den Tausenden Betroffenen alle<br />

prognoserelevanten Auffälligkeiten unverzüglich aufgeklärt und gerichtsverwertbar<br />

aktenkundig gemacht, evtl. von der Vollzugs- sogleich der Vollstreckungsbehörde<br />

gemeldet werden. 9 Lockerungsentscheidungen gestalten<br />

sich bei Betroffenen deswegen wesentlich schwieriger. Bedienstete tun sich<br />

schwer in der Resozialisierungsarbeit mit diesen Gefangenen. Gefangene<br />

werden misstrauisch. Ihre Kontakte zu Angehörigen, namentlich zu Partnerinnen,<br />

reißen eher ab, weil diese allzu leicht resignieren angesichts eines<br />

nunmehr völlig unberechenbar gewordenen Entlassungszeitpunkts. Der<br />

bürokratische Aufwand bindet selbstverständlich <strong>–</strong> schon jetzt erkennbar <strong>–</strong><br />

erhebliche Ressourcen. Beispielsweise berichtete in der Anhörung des<br />

Rechtsausschusses der Anstaltsleiter der JVA Straubing, bisher habe er 49<br />

Fälle für eine justizförmige Entscheidung einer nSV nach § 66 b StGB<br />

gründlich vorbereiten und der Vollstreckungsbehörde zuleiten lassen <strong>–</strong> was<br />

eine Mitarbeiterkraft ein bis zwei Tage je Fall bindet, ganz abgesehen von<br />

den vorher und im späteren Anordnungsverfahren zu erstattenden internen<br />

und externen Begutachtungen <strong>–</strong> , aber nur 5 seien in einen Antrag bei Gericht,<br />

nur 3 in eine gerichtliche Anordnung nSV gemündet. 10 Vorausgesetzt,<br />

andere Langstrafanstalten würden ebenso vorgehen, dürften bundesweit also<br />

Hunderte Gefangene von Anstalten den Vollstreckungsbehörden für nSV<br />

vorgeschlagen worden sein; aber in wenigen Fällen ist sie tatsächlich angeordnet<br />

worden.<br />

9 Folkers,S.: NStZ 2006 S. 224 ff, führt dazu beispielsweise u. a. aus: „Die Anstalten sind<br />

daher aufgerufen, Vorkommnisse, die Relevanz für das Verfahren über die Anordnung<br />

der nachträglichen Sicherungsverwahrung erlangen können, sorgfältig zu dokumentieren<br />

und ggf. aufzuklären.“ Dazu gehöre es etwa, bei einem wegen sexuellen Kindesmissbrauchs<br />

Verurteilten „sexualisierendes Verhalten gegenüber anderen Personen … wie<br />

obszöne Worte oder Gesten… besonders sorgfältig“ zu dokumentieren.<br />

10 Mündliche Mitteilung des Leiters der JVA Straubing, Konopka, M., in der Anhörung der<br />

Arbeitsgruppe von Rechtspolitikern der Koalitionsfraktionen „Sicherungsverwahrung“<br />

in Berlin am 23.06.2008.

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