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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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222<br />

Frieder Dünkel<br />

ausgewirkt. Dies dürfte nicht nur für die westdeutschen Bundesländer gelten.<br />

Zu den ostdeutschen Ländern gibt es zwar keine gesonderten Angaben in der<br />

Strafverfolgungsstatistik des Statistischen Bundesamts, jedoch belegen die<br />

gesamtdeutschen Zahlen für 2007 und 2008, dass keine wesentlichen<br />

Unterschiede zu den zuvor nur westdeutschen Zahlen bestehen. Die erhöhte<br />

Belastung mit Gewaltdelinquenten in den neuen Bundesländern wird<br />

allerdings durch die Strafvollzugsstatistik insofern nahegelegt, als der Anteil<br />

von Raub- und anderen Gewaltdelinquenten dort deutlich überhöht ist (vgl.<br />

Dünkel/Morgenstern 2010, Abbildung 8 und 9; Dünkel/Geng/Morgenstern<br />

2010, S. 25 f.).<br />

Bei der sexuellen Nötigung/Vergewaltigung hat sich bei relativ stabilen Verurteiltenzahlen<br />

4 der Anteil von sehr langen Freiheitsstrafen (5-10 Jahre)<br />

2006 (bzw. 2008) gegenüber 1980 von 4,5 % auf 9,3 % deutlich erhöht. Ansonsten<br />

hat sich der Anteil von Freiheitsstrafen zwischen einem und zwei<br />

Jahren erhöht (im Austausch mit Freiheitsstrafen von unter einem Jahr), was<br />

aber <strong>–</strong> ebenso wie bei der gefährlichen Körperverletzung <strong>–</strong> durch eine vermehrte<br />

Strafaussetzung zur Bewährung „kompensiert“ wurde (in den letzten<br />

Jahren jeweils ca. 90 % Strafaussetzungen; 2008: 92 %, vgl. Tabelle 6). 5 Auf<br />

die Strafvollzugsbelegung kann sich diese „Verschärfung“ daher nur indirekt<br />

über Widerrufszahlen, die erfahrungsgemäß aber nur bei etwa einem Drittel<br />

liegen, ausgewirkt haben. Im Übrigen sind die einschlägigen Rückfallquoten<br />

bei diesen und anderen Sexualdelikten ausgesprochen gering (vgl. Elz 2002;<br />

Dünkel 2010b, § 57a Rn. 15 m. w. N.).<br />

Ein ähnliches Muster der Strafzumessungspraxis wird bei dem Delikt des<br />

sexuellen Missbrauchs von Kindern erkennbar. Von einer deutlichen Verschärfung<br />

der Sanktionspraxis kann man auch hier nicht ausgehen, wenngleich<br />

sich die Anteile der Freiheitsstrafen von 74 % auf 89 % erhöht haben<br />

(für Gesamtdeutschland 2008: 90 %), darunter diejenigen von mehr als<br />

einem Jahr bis zu zwei Jahren (die allerdings zu 90 % zur Bewährung ausgesetzt<br />

werden; 2008: 92 %), während längere Freiheitsstrafen als 5 Jahre die<br />

absolute Ausnahme geblieben sind (vgl. Tabelle 7). 2008 wurden 82 % der<br />

4 In den Jahren 2000-2005 waren die Zahlen mit ca. 1.500 bis 1.658 (2003) gegenüber den<br />

Vorjahren um 2-300 erhöht (was u. U. mit einem erhöhten Anzeigeverhalten zusammenhängen<br />

kann), 2006 sank die Zahl aber wieder; für Gesamtdeutschland ist 2008 ein<br />

Rückgang gegenüber dem Vorjahr zu erkennen, vgl. Tabelle 6.<br />

5 Die Zunahme von Freiheitsstrafen von einem bis zu zwei Jahren erstaunt um so mehr,<br />

als die Mindeststrafe ein Jahr und im Falle des vollzogenen Beischlafs zwei Jahre beträgt,<br />

vgl. § 177 Abs. 1 und 2 StGB. Bei bestimmten besonders schweren Fällen (§ 177<br />

Abs. 3 und 4 StGB) wurde sogar eine Mindeststrafe von drei bzw. 5 Jahren eingeführt.

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