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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Helmut Remschmidt, Reinhard Walter<br />

Den Risikofaktoren stehen protektive Faktoren gegenüber, die der Entwicklung<br />

von dissozialem und delinquentem Verhalten entgegenwirken und<br />

ebenso wie diese unterschiedliche Wirkungsschwerpunkte und auch zeitlich<br />

unterschiedliche Reichweiten haben. Es ist jedoch unzureichend, sie lediglich<br />

über die Abwesenheit von Risikofaktoren zu definieren.<br />

Vielmehr verkörpern sie eigenständige Merkmale und Bedingungen, die im<br />

Individuum, in der Familie und im sonstigen sozialen Umfeld identifiziert<br />

werden können. Beispiele hierfür sind: eine günstige genetische Disposition<br />

ohne familiäre Auffälligkeiten und Erkrankungen, eine sich im Normbereich<br />

bewegende vegetative Reagibilität des autonomen Nervensystems, überdurchschnittliche<br />

Intelligenz, Empathiefähigkeit, Erfolgserlebnisse in der<br />

Schule und im sozialen Umfeld, ein harmonisches Familienklima mit erziehungskompetenten<br />

Eltern und gute familiäre und soziale Entwicklungsbedingungen.<br />

Es ist aber ebenso unzureichend, die Entstehung von Dissozialität/Delinquenz<br />

lediglich aus dem Wechselspiel von Risikofaktoren und protektiven<br />

Faktoren erklären zu wollen. Beginn, Verlauf und Beendigung delinquenten<br />

Verhaltens werden auch durch individuelle Entscheidungsprozesse beeinflusst,<br />

die wiederum durch ganz persönliche Erfahrungen und Wendepunkte<br />

in der Biographie herbeigeführt werden (Übersicht bei 5; 3; 4).<br />

6. Die Marburger Kinderdelinquenzstudie<br />

6.1. Fragestellung und Methode<br />

Die Längsschnittuntersuchung hatte zum Ziel, die legale Bewährung straffällig<br />

gewordener Kinder bis über das 40. Lebensjahr hinaus zu verfolgen<br />

und Prädiktoren für delinquentes Verhalten im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter<br />

zu ermitteln. Weiterhin sollte der Verlauf delinquenten Verhaltens<br />

über die gesamte Lebensspanne untersucht werden. Es war ausdrücklich<br />

kein Ziel der Studie, Interventionsmaßahmen oder präventive Maßnahmen<br />

zu evaluieren.<br />

• Einbezogen wurden alle männlichen Kinder, die zwischen 1962 und 1971<br />

Straftaten im Landgerichtsbezirk Marburg begangen und bis 1971 ihre (juristische)<br />

Kindheit abgeschlossen hatten (N = 1006). Die untersuchte<br />

Stichprobe wurde hinsichtlich ihrer polizeilichen Registrierungen vor und<br />

nach dem 14. Lebensjahr stratifiziert und nach Zufall reduziert. Als Kon-

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