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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Joachim Obergfell-Fuchs, Rüdiger Wulf<br />

punkt für problematische Evaluationen sowie überhöhte Anforderungen an<br />

den Jugendstrafvollzug.<br />

6. Abnahme des Behandlungsfortschritts mit Zeitablauf<br />

Unbewusst wird bei einer solchen Vorgehensweise von der wenig plausiblen<br />

Annahme ausgegangen, die Wirkung des Strafvollzugs halte nach der Entlassung<br />

unvermindert an. Sehr viel plausibler ist es, dass sich jedoch diese<br />

Wirkung im Laufe der Zeit abschwächt. Ob dies linear oder kurvenförmig<br />

geschieht, soll hier offen bleiben. Bei jungen Gefangenen kommt hinzu, dass<br />

sich eine erfolgreiche Behandlung zeitversetzt auswirkt. So sind viele junge<br />

Menschen unmittelbar nach der Entlassung nicht in der Lage, das Erlernte<br />

umzusetzen. Erst später, wenn sie sich aus der „Sturm- und Drang-Zeit“ heraus<br />

entwickeln, ziehen sie eine gewisse Lebensbilanz und kommen in eine<br />

ruhigere Lebensphase, die meist mit einer Veränderung relevanter Beziehungen<br />

einhergeht. 10 Dies kann eine Rückfallquote nach drei oder fünf Jahren<br />

noch nicht abbilden.<br />

7. Einfluss intervenierender Variablen nach der<br />

Entlassung<br />

Auffallend ist zudem, dass die Messung erst fünf Jahre nach der Entlassung<br />

erfolgen soll. Nahe liegend wäre es jedoch, die Wirkung einer Maßnahme<br />

direkt nach ihrem Abschluss zu messen. Wer eine Langzeitwirkung des Jugendstrafvollzuges<br />

messen und beurteilen will, muss zunächst nachweisen,<br />

ob der Jugendstrafvollzug überhaupt eine kurzzeitige Wirkung entfaltet. Es<br />

könnte sein, dass der junge Gefangene im Jugendstrafvollzug keinen Fortschritt<br />

macht und die Behandlungsziele nicht erreicht. Es könnte auch sein,<br />

dass er in der „Hochschule des Verbrechens“ in die Subkultur abtaucht, Negatives<br />

lernt und noch gerissener wird.<br />

10 Vgl. Maruna, S., Farrall, S.: Desistance from crime: A theoretical reformulation. In:<br />

Oberwittler, D., Karstedt, S. (Hrsg.): Soziologie der Kriminalität. Sonderheft 43 der Kölner<br />

Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. Wiesbaden 2003, S. 171-194. Stelly,<br />

W., Thomas, J.: Wege aus schwerer Jugendkriminalität. Tübingen 2004.

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