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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Nachträgliche Sicherungsverwahrung b. jugendl. Sexualstraftätern 315<br />

schriften des allgemeinen Strafrechts für anwendbar erklärt. 20 Sie leiten den<br />

Vollzug der Sicherungsverwahrung jedoch nur fragmentarisch an und verzichten<br />

vor allem auf bedeutsame Behandlungsvorgaben. Entsprechend ist<br />

auch Sicherungsverwahrung gem. § 7 Abs. 2 JGG nicht von der Hoffnung<br />

auf Besserung getragen; vielmehr ist darin eher eine Maßnahme für jene zu<br />

sehen, die mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln nicht gebessert<br />

werden können. 21<br />

Dabei muss mit einer Besserungsfähigkeit bei Vollverbüßung einer Jugendstrafe<br />

weit eher gerechnet werden als nach Langzeitinhaftierung im Erwachsenenstrafrecht.<br />

So ist die Phase der Jugend in den letzten Jahrzehnten erheblich<br />

länger geworden und reicht teilweise bis in die dritte Lebensdekade<br />

hinein. 22 Wer überdies während der Entwicklungsphase inhaftiert wurde, erfuhr<br />

dadurch noch zusätzliche Erschwernisse bei der Bewältigung wesentlicher<br />

Entwicklungsaufgaben. Insbesondere bietet der Strafvollzug kein adäquates<br />

Lern- und Erprobungsfeld für das Hineinwachsen in einen die Existenz<br />

sichernden Beruf und eine tragfähige Partnerschaft. 23<br />

Das Gesetz hält jedoch nur die Möglichkeit einer Sicherungsverwahrung bereit<br />

und den Weg in behandlungsintensivere Unterbringungsformen verschlossen<br />

24 , führt also in eine Sackgasse, wenn der Delinquent gefährlich,<br />

aber besserungsfähig ist. Dabei spricht nicht gegen eine Behandlungsmöglichkeit<br />

nach Vollverbüßung, dass eine Behandlung mit den Mitteln der<br />

„Anstaltserziehung“ von einer bestimmten Dauer an abträglich sein kann. 25<br />

20 S. exemplarisch § 129 StVollzG, der in meisten Ländern gem. § 125a Abs. 1 GG fort<br />

gilt. Vgl. a. Art. 159 ff. BayStVollzG, §§ 94 ff HmbStVollzG, §§ 107 ff. NJStVollzG.<br />

Auch in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 7 Abs. 2 JGG (BT Drucksache<br />

16/6562) heißt es gleich zu Beginn, dass „junge Straftäter trotz Verbüßung einer mehrjährigen<br />

Jugendstrafe […] in hohem Maße für andere Menschen gefährlich sein können“<br />

und „das bisherige Recht keine ausreichende rechtliche Grundlage dafür (biete), ihnen<br />

zum Schutz der Allgemeinheit weiterhin der Freiheit entziehen zu können.“<br />

21 Vgl. Streng, F.: Jugendstrafrecht, 2. Aufl., Heidelberg, 2008, Rn. 556; BVerfG NJW<br />

2004, 739; Ostendorf/Bochmann ZRP 2007, 146, 146.<br />

22 Zweiter periodischer Sicherheitsbericht der Bundesregierung 2006, S. 361; Goerdeler<br />

ZJJ 2003, 185, 189; Bock, M.: Kriminologie, 3. Aufl. München, 2007, Rn. 856;<br />

Ostendorf/Bochmann ZRP 2007, 146, 149 m. w. N.<br />

23 S. dazu etwa Münster, P.; Integrierende Theorien und Ansätze. In.: Göppinger, H.: Kriminologie,<br />

6. Aufl., München, 2008, S. 187 ff.<br />

24 De lege lata kann bei gefährlichen und zugleich besserungsfähigen Straftätern zwar ein<br />

nachträglicher Vollstreckungsbeschluss gemäß § 67a Abs. 2 StGB ergehen, eine solche<br />

„Heilung“ auf Vollstreckungsebene nimmt in der Regel jedoch erhebliche Zeit in Anspruch,<br />

die für eine Behandlung verloren ist.<br />

25 S. dazu BGH NStZ 1996, 232; StV 1998, 344.

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