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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Gewaltverhalten, Sozialisation u. Wertorientierung in Schülermilieus 87<br />

anhand der eigenen Untersuchungen zu dem übergreifenden Befund, dass<br />

rund 15 % der befragten Schüler gelegentlich oder öfter entweder als Täter<br />

oder als Opfer in aggressive Handlungen verwickelt sind, wobei 8 %<br />

regelmäßig als Opfer und 7 % regelmäßig als Täter erscheinen.<br />

In der Bochumer Schülerstudie von Schwind 2 wird nach der Einschätzung<br />

des Ausmaßes von Gewalt gefragt, wobei das Phänomen von Lehrern, Eltern<br />

und Schülern etc. jeweils unterschiedlich bewertet wird. So betrachten Schüler<br />

lediglich physische Attacken als Gewalt, wohingegen Lehrer auch verbale<br />

Angriffe und subtile Formen von Gewalt, wie ausgrenzen und beleidigen<br />

als ernstzunehmende Probleme an der Schule bewerten.<br />

Für Deutschland sind drei Studien als Anknüpfungspunkt für die eigenen<br />

Überlegungen besonders geeignet, da diese die Sozialstruktur, Wertorientierungen<br />

und Milieus fokussieren und somit einen ähnlichen Ansatz wie die<br />

Tübinger Schülerstudie verfolgen. Namentlich sind dies die Sinusstudie von<br />

Heitmeyer 3 , die Hamburger Schülerstudie von Wetzels 4 sowie die Wertestudie<br />

von Dölling und Hermann. 5 Heitmeyer stellt in seinem Beitrag fest, dass<br />

soziale Milieus existieren, in denen die Befürwortung und die Ausübung von<br />

Gewalt weitaus stärker ausgeprägt sind, als in anderen Milieus. Zu nennen<br />

sind hier etwa das „traditionslose Arbeitermilieu“, in welchem sich überwiegend<br />

Hauptschüler wiederfinden. Diese zeichnen sich durch eine Affinität zu<br />

rechtsextremen Bewegungen aus, sowie einer stärkeren Betonung des<br />

Privatlebens anstatt des Leistungsbereiches. Ein weiteres Milieu, welches<br />

Gewalt befürwortet, ist das hedonistische Milieu. Hier haben traditionelle<br />

Werte wie Glaube, Ordnung, Sparsamkeit und Sauberkeit eine geringe Ausprägung,<br />

die Menschen zeichnen sich durch ein unreflektiertes Konsumverhalten<br />

aus und präferieren wiederum das Privatleben anstelle des Leistungssektors.<br />

Dem stehen Milieus gegenüber, die Gewalt tendenziell eher ablehnen,<br />

so z. B. das konservativ gehobene Milieu sowie ein vorwiegend techno-<br />

2 Schwind, H.D. et. al.: Gewalt in der Schule aus der Perspektive unterschiedlicher Gruppen.<br />

In: Holtappels, H.G. et. al. (Hrsg.): Forschung über Gewalt an Schulen. Weinheim<br />

1997.<br />

3 Heitmeyer, W./ Ulbrich-Herrmann, M.: Verschärfung sozialer Ungleichheit, soziale Milieus<br />

und Gewalt. Zur Kritik der Blickverengung schulbezogener Gewaltforschung. In:<br />

Holtappels, H.G. et. al. (Hrsg.): Forschung über Gewalt an Schulen. Weinheim 1997.<br />

4 Wetzels, P./Brettfeld, K.: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Münster 2003.<br />

5 Dölling, D./ Hermann, D.: Werte, Milieus und Kriminalität. Theoretische und empirische<br />

Aspekte. In: Dittmann, V./Jehle, J.-M. (Hrsg.): Kriminologie zwischen Grundlagenwissenschaften<br />

und Praxis. Neue Kriminologische Schriftenreihe Band 108. Mönchengladbach,<br />

S. 237-261, 2003.

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