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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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360<br />

Jörg Kinzig<br />

rungsverwahrten vermeldete, sie hätten „keine Eintragung“. Eher anekdotisch<br />

sei dazu angemerkt, dass Personen über 90 Jahre, egal ob sie sich noch<br />

im Gefängnis oder wieder in Freiheit befinden, als registerrechtlich nicht<br />

mehr existent gelten und daher aus dem Register gelöscht werden. Die restlichen<br />

31 Personen ohne Eintragung waren zwischenzeitlich verstorben, davon<br />

immerhin mindestens 12 Personen in Sicherungsverwahrung. Dieser<br />

Umstand erscheint bedenklich. Denn nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht<br />

hält es mit der Menschenwürde unvereinbar, die jedem Gefangenen<br />

eingeräumte Chance auf Freiheit, auf einen von Siechtum und Todesnähe<br />

gekennzeichneten Lebensrest zu reduzieren. 7<br />

Dessen ungeachtet gibt es auch Wege aus der Sicherungsverwahrung in die<br />

Freiheit (Abbildung 2). Immerhin 115 der 286 restlichen Sicherungsverwahrungsprobanden<br />

(40,2 %) befanden sich zum Zeitpunkt der Erhebung des<br />

Registerauszuges wieder in Freiheit, weitere 13 (4,5 %) waren ebenfalls in<br />

Freiheit, wurden aber gesucht. Die Mehrheit in der linken Hälfte des Schaubildes<br />

war dagegen noch immer oder schon wieder inhaftiert. Davon saßen<br />

104 Personen (36,4 %) in Sicherungsverwahrung ein, 13 (4,5 %) befanden<br />

sich in „sonstigen Institutionen“, etwa in einem psychiatrischen Krankenhaus,<br />

und 41 Personen (14,3 %) verbüßten eine Freiheitsstrafe.<br />

Wie bereits erwähnt, konnten bis zum Januar 1998 alle Sicherungsverwahrte<br />

darauf vertrauen, im Falle einer ersten Sicherungsverwahrung spätestens<br />

nach zehnjährigem Aufenthalt in dieser Maßregel und damit, und das ist<br />

wichtig, trotz schlechter Prognose entlassen zu werden. Dann wurde diese<br />

Höchstfrist gestrichen und durch eine Formulierung ersetzt, die immerhin<br />

noch regelmäßig eine Entlassung nach zehn Jahren vorsieht. Diese 10-Jahres-Grenze,<br />

eingeschränkt auch die neue Regelung in § 67d Abs. 3 StGB, erlaubten<br />

ein hochinteressantes Realexperiment. Denn anhand der Auswertung<br />

der Registerauszüge konnte bei den nach zehn Jahren zwangsweise Entlassenen<br />

eine Überprüfung ihrer bis dahin gestellten Schlechtprognose erfolgen.<br />

Nachzugehen war also der Frage, wie die strafrechtliche Karriere der Probanden<br />

verlief, die trotz einer Schlecht-Prognose nach zehn Jahren Sicherungsverwahrung<br />

zwangsweise entlassen werden mussten.<br />

7 BVerfGE 72, 105 (116), vgl. auch BVerfGE 45, 187 (245) sowie BVerfGE 64, 261<br />

(281).

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