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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Joachim Obergfell-Fuchs, Rüdiger Wulf<br />

• Ein bis maximal drei Jahre nach der regulären Entlassung wurden 48 %<br />

der Probanden erneut strafrechtlich registriert, 25 % erhielten erneut einen<br />

Freiheitsentzug.<br />

Die Resultate wurden in den beteiligten Vereinen, im Jugendstrafvollzug<br />

und im Justizministerium zur Kenntnis genommen und mit Blick auf Verbesserungen<br />

des Projekts eingehend diskutiert. Bei einer Vorstellung des<br />

Abschlussberichts im September 2008 in einer Landespressekonferenz stürzten<br />

sich die Medien sogleich und ausschließlich auf die Rückfallquoten. Hinweise<br />

darauf, diese seien methodisch mit Vorsicht zu interpretieren, weil<br />

keine Vergleichsuntersuchung durchgeführt werden konnte, verhallten ungehört.<br />

Die Einen bemängelten, dass es überhaupt zu Rückfällen gekommen<br />

war. Andere hielten die Quoten für „gut“, weil sie weit unter den 80 % lagen,<br />

die sich für den Rückfall nach Jugendstrafvollzug eingeprägt haben. 7<br />

Methodische Feinheiten wie „Selektionseffekt“ und „Bewährungszeitraum“<br />

wurden nicht wahrgenommen.<br />

4. Ansätze zur Evaluation des Jugendstrafvollzuges<br />

Es wäre verlockend, könnte man den Jugendstrafvollzug im Ganzen evaluieren<br />

und das Ergebnis in einer einzigen Kennzahl zusammenfassen. Solche<br />

Ansätze werden aus den Reihen des Controllings immer wieder vorgeschlagen;<br />

sind aber untauglich. Der Jugendstrafvollzug ist viel zu komplex und<br />

hat unterschiedliche Aufgaben. Das muss man bei einer Evaluation berücksichtigen.<br />

Daher darf man ihn nicht als „black box“ betrachten, bei der es<br />

nur auf die Rückfallquote ankommt. Aus diesem Grund ist es nur möglich,<br />

wenngleich mühsam, einzelne Erziehungsprogramme, bestimmte Projekte,<br />

wie z. B. das oben skizzierte Projekt Chance und einzelne Maßnahmen im<br />

Jugendstrafvollzug schrittweise zu evaluieren. Die Methoden hierzu kann<br />

man direkt aus der Arzneimittelforschung übertragen, die im Hinblick auf<br />

Wirkungsforschung viel weiter entwickelt ist als die Evaluation des Strafvollzugs.<br />

Auch dort muss man Wirkstoff für Wirkstoff mit Kontrollgruppenuntersuchungen<br />

auf positive Wirkungen und schädliche Nebenwirkungen<br />

7 Vgl. hierzu Jehle, J.-M., Heinz, W., Sutterer, P.: Legalbewährung nach strafrechtlichen<br />

Sanktionen. Eine kommentierte Rückfallstatistik. Berlin 2003. Dolde, G., Grübl, G.: Jugendstrafvollzug<br />

in Baden-Württemberg. Untersuchungen zur Biographie, zum Vollzugsverlauf<br />

und zur Rückfälligkeit von ehemaligen Jugendstrafgefangenen. In: Kerner,<br />

H.-J., Dolde, G., Mey, H.-G. (Hrsg.): Jugendstrafvollzug und Bewährung. Bonn 1996, S.<br />

221-356.

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