Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

Ausweitung der Sicherungsverwahrung und Kriminalprognose 365
Rückfallkriminalität gerechtfertigt, allen 162 Probanden sofort Sicherungsverwahrung
aufzuerlegen?
5. Zusammenfassung und kriminalpolitische
Schlussfolgerungen
Ich fasse zusammen:
1. Die Sicherungsverwahrung hat seit nunmehr zehn Jahren kriminalpolitische
Konjunktur. Motiviert werden die Ausweitungen der ehedem
„ultima ratio“ des Strafrechts durch den verständlichen Wunsch, einen
perfekten Schutz vor schweren Straftaten herzustellen.
2. Ausweitung und Entgrenzung der Sicherungsverwahrung lassen sich anhand
dreier Merkmale beschreiben:
• Anhand der sukzessiven Auflösung der formellen Voraussetzungen wie
etwa dem Erfordernis von Vorstrafen
• Anhand ihrer Ausweitung auf Heranwachsende und Jugendliche
• Anhand des Übergangs von der traditionellen zu einer nachträglichen
Sicherungsverwahrung, die zentral nur noch auf einer Gefährlichkeitsprognose
basiert.
3. Dass sich im Einklang dazu die Möglichkeiten, schwere Straftaten nach
Ende des Strafvollzuges zuverlässig vorherzusagen, entscheidend verbessert
haben, ist nicht ersichtlich. Nicht zuletzt die moderaten Rückfallraten
nach Entlassung trotz Schlecht-Prognose lassen vermuten, dass sich in der
traditionellen Sicherungsverwahrung mehr tatsächlich ungefährliche als
wirklich gefährliche Personen befinden.
4. Das beschriebene Mängelprofil gilt verstärkt für die neue nachträgliche
Sicherungsverwahrung. Es legt ihre Abschaffung nahe.
5. Die eben genannten Probleme, besonders die nach wie vor ungelösten prognostischen
Fragen stellen aber unverändert auch die Legitimation der
traditionellen Sicherungsverwahrung infrage.