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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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322<br />

Axel Dessecker<br />

1990er Jahre waren es zu fast 96 % Verurteilungen wegen § 211 StGB, zu<br />

2 % solche wegen Raubes oder räuberischer Erpressung mit Todesfolge, zu<br />

1 % solche wegen Totschlags und im Übrigen vereinzelte Fälle diverser Deliktsgruppen,<br />

fast immer mit Todesfolge (Dessecker 2010).<br />

2.1 Zur Dauer lebenslanger Freiheitsstrafen in Deutschland<br />

Das Mindestmaß der lebenslangen Freiheitsstrafe bestimmt bekanntlich<br />

§ 57a I 1 Nr. 1 StGB mit einer Verbüßungsdauer von 15 Jahren. Eine längere,<br />

aber vom Gesetz nicht definierte Mindestverbüßungszeit ergibt sich,<br />

wenn im Urteil oder in einem späteren Beschluss eine „besondere Schwere<br />

der Schuld des Verurteilten” festgestellt wurde. Darüber hinaus müssen für<br />

eine Aussetzung des Strafrests zur Bewährung weitere Voraussetzungen vorliegen,<br />

insbesondere eine günstige Gefährlichkeitsprognose. Die Rechtsprechung<br />

des Bundesverfassungsgerichts lässt es zu, dass eine lebenslange Freiheitsstrafe<br />

auch über das Maß der besonderen Schwere der Schuld hinaus<br />

und letztlich bis zum Tod vollzogen wird. 4<br />

Das Bundesverfassungsgericht betont neuerdings aber auch, dass die verfassungsrechtliche<br />

Kontrolldichte nach dem Übermaßverbot mit zunehmender<br />

Dauer einer <strong>Freiheitsentziehung</strong> zunimmt. Das betrifft Fälle, in denen gerade<br />

keine besondere Gefährlichkeit festgestellt werden kann.<br />

Der jüngst entschiedene Sachverhalt betraf einen 59 Jahre alten Beschwerdeführer,<br />

der in Bayern eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes verbüßte.<br />

Als die Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren abgelaufen war <strong>–</strong> das<br />

erkennende Schwurgericht hatte keine besondere Schwere der Schuld festgestellt<br />

<strong>–</strong>, wurde die Aussetzung des Restes der lebenslangen Freiheitsstrafe<br />

von der Strafvollstreckungskammer abgelehnt, da dies angesichts der bislang<br />

unterbliebenen Erprobung des Beschwerdeführers in Vollzugslockerungen<br />

mit einem unvertretbar hohen Risiko verbunden sei. Der Verurteilte hatte<br />

sich jedoch seit rund 21/2 Jahren erfolglos um Vollzugslockerungen bemüht,<br />

die von der Anstaltsleitung ebenso wie von den Vollstreckungsgerichten immer<br />

abgelehnt wurden. Der Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts<br />

macht deutlich, dass eine von der Vollzugsanstalt und den Fachgerichten<br />

zu verantwortende Verzögerung der Entscheidung über Vollzugslockerungen<br />

nicht dazu führen darf, dass ein Gefangener geraume Zeit über die<br />

4 BVerfG, Beschlüsse vom 28. Juni 1983 <strong>–</strong> 2 BvR 539/80 u.a. (= BVerfGE 64, 261<br />

) und 8. November 2006 <strong>–</strong> 2 BvR 578/02 u.a. (= BVerfGE 117, 71).

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