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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Kriminelle Identitätskonstruktionen 491<br />

noch Empörung hervor; im zeitlichen Verlauf werden jedoch delinquente<br />

Verhaltensmuster vom Handlungsakteur verstärkt aktiv angewandt, da die<br />

positiven Folgewirkungen der Kriminalität weitaus überwiegen in Verbindung<br />

einer grenzziehenden Distanzierungssemantik mit Handlungssteuerungsoptionen.<br />

3. „Kriminelle“ Identitätskonstruktionen<br />

Kriminalisierbare Handlungsstrukturen und die darauf aufbauende Selbstetikettierung<br />

fungieren somit als „Stigmamanagement“ oder anders formuliert:<br />

der kriminalisierbare „Identitätsaufhänger“ ist als Schutzmechanismus zum<br />

Aufbau einer Ich-Identität zu interpretieren und strukturiert gleichzeitig als<br />

definitionsmächtiger „Masterstatus“ die soziale Identität des Subjekts zur Integritätsstabilisierung.<br />

Diese Form der Selbststigmatisierung kann als Akt<br />

der Neujustierung ausbuchstabiert werden, der das Individuum und die<br />

durchaus vorhandenen herangetragenen kriminellen Zuschreibungsinhalte in<br />

ihrer Bedeutung spezifiziert. Insofern ist diese Reorganisation des Selbst auf<br />

der Grundlage eines „devianten Verhaltensmusters“ als sekundäre Devianz 7<br />

zu beschreiben, die zu einer „abweichenden Selbstdefinition“ führt, indem<br />

sich die heranwachsenden Männer selbstbewusst als „Gangster“, „skrupelloser<br />

Verbrecher“ inszenieren; fernab gesellschaftlicher Regeln und Gesetze,<br />

welche die Grenze zu der konformen, „normalen“ Gesellschaft markieren.<br />

G.: Und wir haben eben -, und das ist die andere Gangsterwelt und so [...].<br />

Ich mache Scheiße. Ich nehme dir die Sachen weg, ich habe dafür nicht<br />

gearbeitet, gar nichts, aber trotzdem bin ich der Coole. [...] Ich lass mir<br />

nichts machen! Ich lasse mich von eurem Gesetz nicht runtermachen. Ich bin<br />

schlecht aufgewachsen, ich bin von Kindheit, ich bin von meine Mutter hat<br />

mich zu Hause aus rausgeschmissen. Ich habe gar nichts, ja? Ich bin, ich bin<br />

der Abschaum, ich bin der letzte Scheiß und so, aber von euch lass ich mir<br />

trotzdem nichts sagen und so, ja? Das ist meine Welt und so, ich gehöre zu<br />

dieser Welt. Verstehste? (Jason HI-I)<br />

Dennoch darf die „ursprüngliche“ Fremddefinition nicht ausgeklammert<br />

werden, die sich hier in den Aussagen der Mittellosigkeit, aber besonders in<br />

den polarisierenden integritätsrelevanten Darstellungen „ich bin der Ab-<br />

7 Lemert, E. M.: Der Begriff der sekundären Devianz; in: Lüderssen, K./ Sack, F. (Hrsg.):<br />

Seminar: abweichendes Verhalten I. Die selektiven Normen der Gesellschaft, Frankfurt<br />

a. M. 1975, S. 433-476.

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