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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Helmut Remschmidt, Reinhard Walter<br />

ginn bedeutet nicht zwangsläufig eine chronische kriminelle Karriere und<br />

umgekehrt sind nicht alle chronischen Täter schon im Kindesalter delinquent<br />

bzw. dissozial (4,12).<br />

Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob die hier und in anderen<br />

Längsschnittuntersuchungen gefundenen Risikofaktoren spezifisch für die<br />

Entwicklung von Delinquenz sind oder ob sie auch andere Abweichungen<br />

(psychische Erkrankungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch) vorhersagen<br />

können. Nach dem gegenwärtigen, noch sehr vorläufigen Erkenntnisstand<br />

scheint eher letzteres der Fall zu sein (13, 14). Es scheint bisher nur drei Variablen<br />

zu geben, die spezifisch die Delinquenz und nicht auch andere Normabweichungen<br />

vorhersagen. Es sind das männliche Geschlecht, das Merkmal<br />

Aggressivität und der negative Einfluss von delinquenten Freunden (15).<br />

In unserer Untersuchung waren, neben dem Merkmal Aggressivität, noch<br />

andere Persönlichkeitsmerkmale sowohl unter den Risiko-, als auch unter<br />

den protektiven Faktoren zu finden. Deren Effekt auf die Vorhersage kann<br />

nicht auf den Einfluss von familiären und sozialen Faktoren zurückgeführt<br />

werden, da dieser methodisch eliminiert wurde. Außerdem zeigte sich in der<br />

Gesamtstichprobe kein korrelativer Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsmerkmalen<br />

einerseits und sozialen und familiären Faktoren andererseits.<br />

Letztere hatten somit keinen Einfluss auf Merkmale wie emotionale Labilität,<br />

Nervosität, Aggressivität oder Depressivität. Damit rücken wieder Persönlichkeitsmerkmale<br />

stärker in den Vordergrund, denen man auch unter<br />

präventivem Aspekt größere Beachtung schenken sollte (Ausbildung prosozialen<br />

Verhaltens). Die Möglichkeit der Beeinflussung von sozialen und familiären<br />

Risikofaktoren ist ohnehin sehr begrenzt.<br />

Limitationen: Da unsere Studie nicht das Ziel hatte, epidemiologische Daten<br />

in der Breite zu erheben, sondern ganz speziell den Verlauf früh auftretenden<br />

delinquenten Verhaltens, wurde keine auslesefreie, für das Kindesalter insgesamt<br />

repräsentative Stichprobe erhoben. Insofern können wir über nichtdelinquente<br />

Auffälligkeiten, jenseits der von uns angewandten Untersuchungsmethoden,<br />

keine Aussage machen. Die Stichprobe war allerdings repräsentativ<br />

für die im Erhebungszeitraum erfassten straffällig gewordenen<br />

Kinder, aus deren Gesamtheit eine quotierte Zufallsstichprobe gezogen wurde.<br />

Unsere Stichprobe wurde ferner in einem eher ländlichen Raum rekrutiert<br />

und kann daher nicht ohne weiteres Gültigkeit für städtische Ballungsgebiete<br />

beanspruchen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass unsere Probanden<br />

unter gesellschaftlichen und sozialen Bedingungen aufwuchsen, die sich<br />

in den beiden letzten Jahrzehnten gravierend verändert haben. Dennoch sind

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